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Vorbemerkung[]

  • Im VroniPlag Wiki werden zwar primär Hochschulschriften untersucht, doch diente diese Plattform auch bereits zur Analyse anderer Texte, etwa einer Monografie oder von Zeitschriftenaufsätzen (z.B. Nm2).
  • Den Anstoß für diese Analyse einer weiteren Buchpublikation, die keine wissenschaftliche Qualifikationsarbeit darstellt, gab ein im April 2014 erhobener Plagiatsvorwurf und die dadurch ausgelöste Diskussion um seine sachliche Berechtigung.

Die Publikation[]

  • Im August 2013 erschien im C.H. Beck-Verlag (München) das Sachbuch Große Seeschlachten. Wendepunkte der Weltgeschichte von Salamis bis Skagerrak der Autoren A.K. und O.R..
  • Der Band umfasst 429 Seiten und enthält 12 Kapitel, wobei die Kapitel 1-5 sowie 9 von O.R. und die Kapitel 6-8 sowie 10-12 von A.K. verfasst wurden. Gemeinsam verantwortet werden ein Einleitungs- und ein Epilogteil.
  • Hinweise auf eine Nutzung von Wikipedia- und anderen Online-Quellen enthält das Buch nicht.
  • Im Zusammenhang mit dieser Neuerscheinung äußerte sich der Autor O.R. im Oktober 2013 auf der Frankfurter Buchmesse in einem FAZ-Interview. Auf die Frage nach der qualitativen Verortung populärer Sachbücher betonte er:
    "In der Rubrik, die Sie 'gute alte Wissenschaft' nennen, müssen sie stehen […]. Die Kunst ist, dass der Leser nicht vordergründig merkt, auf welchen soliden Fundamenten ein gut lesbares Buch ruht."

Der Vorwurf[]

  • Am 22. April 2014 erhob der Blogger Arne Janning in einem Facebook-Eintrag Plagiatsvorwürfe gegen das Buch (der inzwischen gelöschte Text findet sich noch an anderer Stelle wiedergegeben).
  • Er warf den Verfassern vor, dieses "vollständig aus Wikipedia-Einträgen zusammenkopiert" zu haben, und schrieb weiter: "K[..]s und R[..]s Buch ist nicht zu retten. Ich finde auf *jeder* Seite wörtliche, nicht gekennzeichnete Übernahmen aus Wikipedia, die sich in den Fußnoten als Quellenstudium ausgeben - und ich kann das belegen."

Reaktionen und Folgen[]

  • Jannings Vorwurf fand schnell ein mediales Echo und führte Ende April/Anfang Mai 2014 zu Berichten in Zeitungen und zu Diskussionen insbesondere in Internetblogs.
  • Auch die Autoren äußerten sich:
    • Gegenüber der "Frankfurter Rundschau" sagte A.K.: "Hier sind natürlich zahlreiche technische Detailangaben übernommen worden. Nimmt das dem wissenschaftlichen Wert des Buches irgendetwas?"
    • Spiegel Online zitierte O.R. mit der Aussage: "Ein Plagiat ist für mich der Diebstahl geistigen Eigentums. Und dessen habe ich mich nicht schuldig gemacht". Er gab an, aus der Wikipedia ausschließlich technische Details übernommen zu haben.
      Die "Süddeutsche Zeitung" berichtete, O.R. habe ihr gegenüber eingeräumt, "es könne in einzelnen Fällen zu Fehlern gekommen sein. In technischen Fragen habe er Datenlisten angelegt, auch mithilfe von Wikipedia-Einträgen, und die Fundstellen nicht festgehalten."
  • Der Verlag C.H. Beck äußerte sich am 29. April in einer Stellungnahme und teilte u.a. mit,
    • nach einer eigenen Untersuchung mit "zwei Plagiats-Suchprogrammen (darunter das einschlägige Programm 'iThenticate') sowie durch vergleichende Lektüre" den Beschluss gefasst zu haben, "das Buch nicht weiter auszuliefern"
    • "Der Vorwurf, das Buch sei vollständig aus Wikipedia-Artikeln zusammenkopiert, ist abwegig."
    • "In den von O[..] R[..] verfassten Kapiteln (einschließlich Epilog) findet sich eine Reihe von nicht nachgewiesenen Zitaten." (dazu folgen kapitelbezogene Aufschlüsselungen)
    • "Die eigentliche wissenschaftliche und geistige Leistung der Autoren, Seekriegsgeschichte in globalhistorischer sowie primär kultur-, nicht militärgeschichtlicher Perspektive darzustellen, sieht der Verlag durch die oben skizzierten Übernahmen aus Fremdtexten auf der Faktenebene nicht beeinträchtigt."
  • Janning schwächte seinen Plagiatsvorwurf bald ab:
    "Selbstverständlich ist das Buch nicht ,vollständig' aus Wikipedia zusammenkopiert. Ich nehme diese viel zu weit gehende Behauptung mit Bedauern zurück, zumal sich inzwischen viele Kommentatoren und mittlerweile auch Juristen an dieser Formulierung aufhängen." (zit. n. Welt Online, 29.4.2014)
    Nach einer einstweiligen Verfügung des Landgerichts Berlin löschte er schließlich die betreffenden Facebook-Einträge.
  • Bei der Wikipedia-Konferenz "WikiCon" Anfang Oktober 2014 berichtete ein teilnehmender Lektor des betroffenen Verlags u.a. von verlagsinternen Konsequenzen: "So seien die Autorenverträge bereits angepasst worden – derzeit überlege der Verlag, wie er Plagiate effektiv verhindern könne."
  • Als sich 2017 bei einem – von anderen Autoren und in einem anderen Verlag publizierten – Sachbuch mit ebenfalls maritimer Thematik herausstellte, dass dieses seinen Inhalt zu großen Teilen aus ungekennzeichnet übernommenen Wikipedia-Texten bezog, wurde auch Jonathan Beck als Geschäftsführer des Verlags C.H. Beck nach den Konsequenzen befragt, die der Verlag nach dem Plagiatsfall von 2014 gezogen habe. In einem Welt Online-Artikel (Felix Rentzsch: Sachbücher als Schnellschüsse, 20.2.2017) heißt es dazu neben dem Hinweis auf geänderte Autorenverträge:
    "Das Lektorat könne Manuskripte nun zusätzlich mit einem entsprechenden Programm überprüfen. 'Wir machen das nicht mit jedem Text, sondern nur dann, wenn es Auffälligkeiten gibt oder wir Hinweise erhalten', so Beck. Ein Plagiat sei in erster Linie schlecht fürs Image. Einerseits natürlich für den Verlag, aber noch stärker für die Autoren, sagt Beck und fügt an: 'Es überrascht mich schon, dass es Autoren gibt, die ihre Reputation damit aufs Spiel setzen.'"
  • Im Zusammenhang mit der Diskussion um Plagiatsvorwürfe, die im Juli 2021 nach einer Buchveröffentlichung der Grünen-Politikerin Annalena Baerbock erhoben worden waren, wurde die Publikation medial erneut thematisiert (ZEIT, 5.7.2021). Gegenstand der Auseinandersetzung war dabei unter anderem die Frage, welche formalen Qualitäts- sowie inhaltlichen Originalitätsansprüche an Sachbücher gestellt werden können, und auch, "wie schwer Übernahmen aus Wikipedia bei der Beurteilung ins Gewicht fallen" (ebd.)

Textvergleich[]

  • Vor dem Hintergrund des erhobenen Plagiatsvorwurfs, der Verlagsentscheidung, der Äußerungen der Betroffenen und der öffentlichen Diskussion des Falles wurde das Buch im Sommer 2014 analysiert.
  • Da diese Untersuchung im VroniPlag Wiki quasi "außer Konkurrenz" erfolgt und eine Veröffentlichung auf der Hauptseite des Wikis nicht beabsichtigt ist, wurden alle angelegten Vergleichsfragmente bewusst der Kategorie "keine Wertung" zugeordnet.
  • Die Nutzung von Bildern bzw. die Korrektheit und Vollständigkeit der Bildnachweise, die ebenfalls kritisch thematisiert wurden (siehe z.B. [1], 23.4.2014), ist – im Unterschied zu den Bildtexten – dabei nicht untersucht worden.

Vorgehensweise[]

  • Zunächst wurden die Hinweise in der Verlagserklärung aufgegriffen und die einzelnen Kapitel des Bandes mit den dort aufgeführten Wikipedia-Artikeln – sowie beim Kap. 9 (Trafalgar) mit der Internetpublikation von Thomas Siebe (2003) – verglichen. Diese Analyse erfolgte mit dem VroniPlag-Vergleichswerkzeug.
  • Danach folgte eine Untersuchung der einzelnen Kapitel mit dem Analyseprogramm "picapica", das Hinweise auf wiederverwendete (aktuelle) Wikipedia-Inhalte sowie Ähnlichkeitswerte mit weiteren Wikipedia-Artikeln liefert.
  • Darüber hinaus gab es auch Vergleiche mit anderen kontextbezogen intuitiv ausgewählten Wikipedia-Artikeln, die teilweise zu weiteren Übereinstimmungsergebnissen führten.
  • Da der "Dank"-Abschnitt des Buches (S. 373-374) mit der Angabe "Venedig, im März 2013" einen (wenn auch vagen) Hinweis auf den anzunehmenden Redaktionsschluss liefert, wurden für den Textvergleich in der Regel die jeweils letzten Wikipedia-Artikelversionen von 2012 herangezogen.
  • Abschließend wurde auch dem Hinweis eines Spiegel Online-Foristen nachgegangen und erfolgten daher Vergleiche auch mit den Publikationen:
    • Helmut Pemsel: Von Salamis bis Okinawa. Eine Chronik zur Seekriegsgeschichte, München 1975
    • Elmar B. Potter/Chester W. Nimitz: Seemacht. Eine Seekriegsgeschichte von der Antike bis zur Gegenwart, dt. Fassung hrsg. von Jürgen Rohwer, München 1974.

Ergebnisse und Abbildungen[]

  • Festgestellt wurden 94 Fragmente mit Textparallelen sehr unterschiedlicher Länge zu 36 Wikipedia-Artikeln sowie der Online-Publikation von Thomas Siebe (2003).
  • Die Vergleiche ergaben für deutlich mehr Quellen und Textpassagen wörtliche bzw. inhaltlich-strukturelle Parallelen, als nach der Presseerklärung des Verlags vom 29.4.2014 zu erwarten war.
  • Das "picapica"-Programm erkannte etliche Übernahmen und Quellen nicht, insbesondere betraf das stärker umgeschriebene Textpassagen.
  • Parallelen finden sich im Wesentlichen in den von O.R. verfassten Kapiteln, während jene von A.K. – mit Ausnahme zweier Abbildungstexte im Kap. 6 – praktisch keine Übereinstimmungen mit Wikipedia-Inhalten aufweisen. Der von beiden verantwortete Epilog wurde lt. Stellungsnahme des Verlags vom 29.4.2014 "im Namen beider Autoren" von O.R. verfasst.
  • Erkennbar ist, dass sich Textinhalte und -strukturen der Wikipedia-Artikel (sowie im Kap. 9 des Siebe-Texts) in unterschiedlich starkem Maße umgeschrieben wiederfinden, wobei häufig Texteile umgestellt bzw. oft mit ergänzenden Detailinformationen ausgeschmückt werden.
  • Auf keine der Wikipedia-Quellen sowie auch nicht auf die Siebe-Publikation wird im Buch verwiesen.
  • Mit Pemsel (1975) und Potter/Nimitz (1974) wurden keine Übereinstimmungen festgestellt.


  • Nachfolgend eine kapitelweise Visualisierung der Vergleichsergebnisse – die farbigen Hervorhebungen in den Miniaturansichten bedeuten:
  • rot = Parallelen hinsichtlich Text bzw. inhaltlicher Struktur mit Wikipedia-Artikeln
  • blau = Parallelen hinsichtlich Text bzw. inhaltlicher Struktur im Kapitel 9 (Trafalgar 1805) mit der Internetpublikation von Thomas Siebe (2003)
  • hellgrün = durch Anführungszeichen ausgewiesene Zitate

Kap. 1 (S. 25-55): Salamis 480 v. Chr. (O.R.)[]

Gss 01


Kap. 2 (S. 57-78): Mylae 260 v. Chr. (O.R.)[]

Gss 02


Kap. 3 (S. 79-102): Actium 31 v. Chr. (O.R.)[]

Gss 03


Kap. 4 (S. 103-126): Konstantinopel 674-678 (O.R.)[]

Gss 04


Kap. 5 (S. 127-150): Montecristo 1241 (O.R.)[]

Gss 05


Kap. 6 (S. 151-178): Lepanto 1571 (A.K.)[]

  • Die textlichen Parallelen beschränken sich auf zwei Abbildungstexte auf den Seiten 170 und 177,

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Kap. 9 (S. 233-266): Trafalgar 1805 (O.R.)[]

Gss 09


Epilog (S. 349-369) (A.K./O.R.)[]

  • Lt. Stellungsnahme des Verlags vom 29.4.2014 wurde der Epilog "im Namen beider Autoren" von O.R. verfasst.

Gss Ep