Meine Antworten auf die 4 Punkte:
- Das "Wissenschaftsplagiat" habe nicht ich erfunden, das gibts schon länger [1]. Die differenzierte Betrachtung von Plagiaten in der Wissenschaft ist auch keine großartig neue Idee, sondern eine Selbstverständlichkeit, denn in der Wissenschaft sind die Regeln, wie genau und ab welcher Nähe der Urheber angegeben werden muss andere (strengere) als in anderen Gebieten. Die Unfehlbarkeit von Forschern habe ich nicht gefordert oder angenommen, ich habe nur festgestellt, dass man wissenschaftliche Schriften unabhängig von den persönlichen Motivationen des Autors beurteilen können muss, denn ein solcher Objektivierbarkeitsanspruch ist nun mal ein Wesensmerkmal der Wissenschaft. Den Mordsvergleich finde wiederum ich "abstrus" (die Höchststrafe in diesem Forum :-) )
- Nein, eine universelle Definition, die "kontextfrei" auf Plagiat erkennt, wollte ich nicht vorschlagen. Ich finde nur, dass im wissenschaftlichen Rahmen der betrachtete Text für sich selbst sprechen sollte. Wenn nun mal in der Rechtswissenschaft ungewöhnliche Konventionen existieren (und dies belegbar so ist), dann sind diese Konventionen sozusagen Teil der Sprache in der der Text verfasst ist, und die der Leser dieses Textes verstehen muss. Genauso wie ich einen Englischen Text in Englisch auf Plagiate untersuchen muss, so muss ich einen juristischen Text unter Berücksichtigung der juristischen Konventionen auf Plagiate untersuchen. Ich finde das eigentlich selbstverständlich.
- Ich dachte ich hatte das schon ausgeführt: meiner Meinung nach muss aus dem Textbefund die Textübernahme ableitbar sein, um ein Plagiat zu diagnostizieren. Im einfachsten Fall kann dies durch identischen Wortlaut geschehen, aber auch durch eine Parallelität im Aufbau, den Formulierungen, der Belegstruktur, etc., falls diese Parallelität durch Zufall nicht erklärbar ist. Ein juristisches Argument, das in gänzlich anderem Wortlaut, in anderem Aufbau, z.T. anders belegt schon zwei jahre vorher irgendwo steht, würde ich nicht als Plagiat werten, gerade deshalb, weil es eine Parallelschöpfung sein könnte. Wieder geht es rein um den Textbefund.
-- Beim letzten Punkt muss ich z.T. zustimmen. Ja, dadurch, dass der Vorsatz nicht Teil der Plagiatsdefinition im wissenschaftlichen Sinne ist, verschiebt sich die Bedeutung ein wenig gegenüber der umgangssprachlichen Definition von "Plagiat" die implizit den Vorsatz miteinschließt. Wenn eine Dissertation "ein paar Plagiate" enthält, dann mag das nicht so schlimm sein, wie es sich anhört. Eine genauere Charakterisierung scheint dann hilfreich, um das Gesamtwerk zu beurteilen. Meiner Ansicht nach, ist die Alternative deutlich schwieriger zu handhaben, dann muss man nämlich bei der Frage, ob eine Textparallelität "Plagiat" zu nennen ist, immer den Vorsatz des Autors untersuchen. Ich finde es da deutlich klarer, Textparallelen rein am Text zu beurteilen (korrekt oder nicht -- Plagiat oder nicht?), und dann in der Gesamtschau der Arbeit eine globale Bewertung vorzunehmen. Die Alternative ist nämlich, jede Textparallele im Lichte der Gesamtschau (die auf die Täuschungsabsicht hinweist) einzuordnen. Dann wären z.B. die ersten zehn Textübernahmen in einer Dissertation keine Plagiate, würden aber auf einmal Plagiate werden, wenn man noch 50 solche Textübernahmen findet, da dann Vorsatz anzunehmen wäre ...