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Die rechtliche Problematik des Unterbindungsgewahrsams in der Bundesrepublik Deutschland. Verfassungsmäßigkeit und Voraussetzungen der einzelnen Regelungen in den Bundesländern

von Katja Stammen

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[1.] Ks/Fragment 037 01 - Diskussion
Zuletzt bearbeitet: 2013-04-29 20:38:20 Guckar
BauernOpfer, Fragment, Gesichtet, Gusy 1992, Ks, SMWFragment, Schutzlevel sysop

Typus
BauernOpfer
Bearbeiter
SleepyHollow02
Gesichtet
Yes
Untersuchte Arbeit:
Seite: 37, Zeilen: 1-28
Quelle: Gusy 1992
Seite(n): 460, Zeilen: Internetquelle
[Danach ist unter einer Freiheitsentziehung] jeder Eingriff in die Freiheit der Person mit dem Mittel des allseitigen Ausschlusses der Bewegungsfreiheit durch Einsperren in einem eng umgrenzten örtlichen Bereich, etwa einem Raum oder einem Gebäude zu verstehen120. Die Pflicht zum Verweilen an einem bestimmten Ort oder in einem bestimmten Raum darf eben nicht bloße Nebenpflicht einer anderen Verpflichtung sein. Alle anderen Eingriffe in das Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 S. 2 GG sind hingegen lediglich Freiheitsbeschränkungen im Sinne des Art. 104 Abs. 1 S. 1 GG. Insoweit stimmt der hier verwendete Begriff mit dem bislang üblichen formellen Kriterium überein121.

Umstritten ist allerdings die Frage nach der Beurteilung von Zwangsmaßnahmen, welche der Durchsetzung einer Pflicht dienen, die ihrerseits keine Freiheitsentziehung darstellt. Sie wird vielfach als Freiheitsentziehung angesehen. Maßgeblich dafür sind unterschiedliche Gründe. Partiell ist sie ein Resultat der Auffassung, unmittelbarer Zwang stelle einen selbständigen Eingriff in die Freiheit der Person dar122. Oder aber sie folgt aus einer Betrachtungsweise, die die Freiheitsentziehung überwiegend oder ausschließlich nach ihrem Effekt, dem selbständigen Ausschluss der Fortbewegungsfreiheit, beurteilt123. Nach der hier vertretenen Differenzierung unterfallen solche Zwangsmaßnahmen nicht dem verfasssungsrechtlichen [sic!] Begriff der Freiheitsentziehung. Ist die Verpflichtung zum Verlassen des Bundesgebiets keine Freiheitsentziehung, so gilt dieses auch dann, wenn sie mit der Abschiebung durchgesetzt wird. Die Abschiebung ist demnach auch nach dem hier angewandten Kriterium keine Freiheitsentziehung124. Auch sonstige Zwangsmaßnahmen, die die Wahrnehmung von Verhaltenspflichten der genannten Art durchsetzen, sind keine Freiheitsentziehungen. Ist der Schulunterricht kein Eingriff in Art. 2 Abs. 2 S. 2 GG, so ist es auch die Vorführung zum Schulunterricht nicht; und dann ist es auch nicht die Pflicht zur Teilnahme am oder die Vorführung zum Verkehrsunterricht125. Freiheitsentziehung ist hingegen das Festhalten einer Person, um sie dafür bereitzuhalten, später einer anderen Verpflichtung nachzukommen. Hierzu zählen etwa die Abschiebungshaft oder der Haftbefehl nach § 236 StPO.


120 Gusy in v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Art. 104 Rdnr. 22.

121 Gusy, NJW 1992, 457 (460).

122 BVerfGE 22, 21 (26); BVerfG, NJW 1967, 1221 (1221).

123 Gusy, NJW 1992, 457 (460); Koschwitz, Die kurzfristige polizeiliche Freiheitsentziehung, S. 43 f.; Gusy in v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Art. 104 Rdnr. 23.

124 Vgl. BVerwGE 62, 325 (327 f.); BVerwG, DVBI. 1981, 1108 (1108); BGH. NJW 1980, 891 (891).

125 Für die Teilnahmepflicht ebenso BVerfGE 22, 21 (26); BVerwGE 6, 354 (354 f.); BVerwG, NJW 1958, 1249 (1249); für die Vorführung BVerfGE 22, 21 (26); BVerfG, NJW 1967, 1221 (1221).

Danach ist unter einer Freiheitsentziehung jeder Eingriff in die Freiheit der Person mit dem Mittel des allseitigen Ausschlusses der Bewegungsfreiheit durch Einsperren in einem eng umgrenzten örtlichen Bereich, etwa einem Raum oder einem Gebäude, zu verstehen. Knapper läßt sich dies formulieren als rechtlich selbständiger Ausschluß der Möglichkeit, den Aufenthaltsort zu verlassen. Die Pflicht zum Verweilen an einem bestimmten Ort oder in einem bestimmten Raum darf eben nicht bloße Nebenpflicht einer anderen Verpflichtung sein. Alle anderen Eingriffe in das Grundrecht aus Art. 2 II 2 GG sind hingegen lediglich Freiheitsbeschränkungen i. S. des Art. 104 I 1 GG. Insoweit stimmt der hier verwendete Begriff mit dem bislang üblichen formellen Kriterium überein31.

Umstritten ist allerdings die Frage nach der Beurteilung von Zwangsmaßnahmen, welche der Durchsetzung einer Pflicht dienen, die ihrerseits keine Freiheitsentziehung darstellt. Sie wird vielfach als Freiheitsentziehung angesehen. Maßgeblich dafür sind unterschiedliche Gründe: Partiell ist sie ein Resultat der Auffassung, unmittelbarer Zwang stelle einen selbständigen Eingriff in die Freiheit der Person dar32. Oder aber sie folgt aus einer Betrachtungsweise, welche die Freiheitsentziehung überwiegend oder ausschließlich nach ihrem Effekt - Ausschluß der Fortbewegungsfreiheit - beurteilt33. Nach der hier vertretenen Differenzierung unterfallen solche Zwangsmaßnahmen nicht dem verfassungsrechtlichen Begriff der Freiheitsentziehung. Ist die Verpflichtung zum Verlassen des Bundesgebiets keine Freiheitsentziehung, so gilt dies auch dann, wenn sie mit der Abschiebung durchgesetzt wird. Die Abschiebung ist demnach auch nach dem hier angewandten Kriterium keine Freiheitsentziehung. Auch sonstige Zwangsmaßnahmen, welche die Wahrnehmung von Verhaltenspflichten der genannten Art durchsetzen, sind keine Freiheitsentziehungen. Ist der Schulunterricht kein Eingriff in Art. 2 II 2 GG, so ist es auch die Vorführung zum Schulunterricht nicht; und dann ist es auch nicht die Pflicht zur Teilnahme am oder die Vorführung zum Verkehrsunterricht34. Freiheitsentziehung ist hingegen das Festhalten einer Person, um sie dafür bereitzuhalten, später einer anderen Verpflichtung nachzukommen. Hierzu zählen etwa die Abschiebungshaft oder der Haftbefehl nach § 236 StPO.


31 Dazu o. I 2 b.

32 BVerfGE 22, 21(26) = NJW 1967, 1221.

33 So insb. Koschwitz (o. Fußn. 14), S. 43 f.

34 Für die Teilnahmepflicht ebenso BVerfGE 22, 21(26); BVerwGE 6, 354 f. = NJW 1958, 1249; für die Vorführung anders BVerfGE 22, 21(26) = NJW 1967,1221.

Anmerkungen

Fortsetzung von Ks 036. Quelle ist in mehreren Fußnoten genannt. Die praktisch vollständige Übernahme der Seite einschließlich Fundstellen geht daraus nicht hervor. Die "hier vertretene Ansicht" ist die Ansicht von Gusy, der diese ebenfalls so bezeichnet. Das Bemühen um eine selbständige Formulierung wird ansatzweise erkennbar, wo Ks das Wort "selbständig" einfügt.

Sichter
TaBi



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