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Die rechtliche Problematik des Unterbindungsgewahrsams in der Bundesrepublik Deutschland. Verfassungsmäßigkeit und Voraussetzungen der einzelnen Regelungen in den Bundesländern

von Katja Stammen

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[1.] Ks/Fragment 059 05 - Diskussion
Zuletzt bearbeitet: 2013-04-23 19:48:05 Guckar
BauernOpfer, Fragment, Gesichtet, Ks, SMWFragment, Schutzlevel sysop, Stoermer 1998

Typus
BauernOpfer
Bearbeiter
SleepyHollow02
Gesichtet
Yes
Untersuchte Arbeit:
Seite: 59, Zeilen: 5-24
Quelle: Stoermer 1998
Seite(n): 81, 82, Zeilen: 81: 6-21; 82: 1-9
Die Eingriffsvoraussetzung dieser Gewahrsamsform setzt sich somit aus dem polizeilichen Gefahrenbegriff und einer zusätzlichen zeitlichen Komponente zusammen. Eine Gefahr liegt dabei immer dann vor, wenn eine Sachlage gegeben ist, bei der im einzelnen Fall die hinreichende Wahrscheinlichkeit besteht, dass in absehbarer Zeit ein Schaden für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung eintreten wird oder nach der Formulierung des Bundesverwaltungsgerichts, wenn eine Sachlage oder ein Verhalten bei ungehindertem Ablauf des objektiv zu erwartenden Geschehens mit Wahrscheinlichkeit ein polizeilich geschütztes Rechtsgut schädigen wird203. Das zusätzliche zeitliche Kriterium, welches für den Gewahrsam notwendig ist, geht durch die erforderliche unmittelbar bevorstehende Gefahr über eine Schädigung in absehbarer Zeit hinaus. Unmittelbar bevor steht die Gefahr immer dann, wenn die im konkreten Fall vorliegenden Tatsachen zu der Gewissheit führen, dass der Schaden sofort oder in allernächster Zukunft eintreten wird204. Für die Beurteilung des Unterbindungsgewahrsams ist die Einschätzung der Gefahr von überragender Bedeutung, da sie den alleinigen Anhaltspunkt für ein polizeiliches Eingreifen im Vorfeld einer konkreten Schädigung der zu schützenden Rechtsgüter liefert. Zur Beurteilung der Frage, ob eine Gefahr mit ausreichender Wahrscheinlichkeit, also fast mit Gewissheit besteht, müssen nach verständiger Würdigung der Sach- und Rechtslage konkrete Tatsachen und Anhaltspunkte vorliegen. Ein bloßer Eindruck einer Gefahr, eine vage Prognose oder Ver[dachtsmomente reichen daher normalerweise nicht aus, da aufgrund der Verhältnismäßigkeit der Mittel ein derart intensiver Eingriff im Hinblick auf eine dann möglicherweise doch nicht bestehende Gefahr nicht gerechtfertigt wäre205.]

203 Vgl. BVerfGE 83, 24 (30); BVerwGE 45, 51 (57); Denninger in Lisken/Denninger, Handbuch des PolizeiR, Teil E, Rdnr. 29; Friauf in Schmidt-Aßmann, Besonderes VerwaltungsR, Rdnr. 50; Samper/Honnacker, PAG, Einl. 3 zu Art. 2; Oehler, BayVBI. 1992, 579 (580).

204 BVerwGE 45, 51 (58); OVG Münster, DÖV 1954, 319 (319); OLG Celle, NJW 1963, 2377 (2377 ff.); BVerwG, NJW 1970, 1890 (1892); OVG Saarlouis, DÖV 1973, 863 (864).

205 Berg/Knape/Kiworr, ASOG, S. 382; Stoermer, Der polizeirechtliche Gewahrsam, S. 82.

[Seite 81, Zeilen 6-21]

Die Eingriffsvoraussetzung dieser Gewahrsamsform setzt sich somit aus dem polizeilichen Gefahrenbegriff und einer zusätzlichen zeitlichen Komponente zusammen. Eine Gefahr liegt dabei immer dann vor, wenn eine Sachlage gegeben ist, bei der im einzelnen Fall die hinreichende Wahrscheinlichkeit besteht118, daß in absehbarer Zeit ein Schaden für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung eintreten wird oder nach der Formulierung des Bundesverwaltungsgerichts, „wenn eine Sachlage oder ein Verhalten bei ungehindertem Ablauf des objektiv zu erwartenden Geschehens mit Wahrscheinlichkeit ein polizeilich geschütztes Rechtsgut (vergl. oben Punkt 3. und 4.) schädigen wird.“119 Das zusätzliche zeitliche Kriterium, welches für den Gewahrsam notwendig ist, geht durch die erforderliche unmittelbar bevorstehende Gefahr über eine Schädigung in absehbarer Zeit hinaus. Unmittelbar bevor steht eine Gefahr immer dann, wenn die im konkreten Fall vorliegenden Tatsachen zu der Gewißheit führen, daß der Schaden sofort oder in allernächster Zukunft eintreten wird.120 Für die Beurteilung eines Unterbindungsgewahrsams ist die Einschätzung der Gefahr von überragender Bedeutung, da sie den

[Seite 82, Zeilen 1-9]

alleinigen Anhaltspunkt für ein polizeiliches Eingreifen im „Vorfeld“ einer konkreten Schädigung der zu schützenden Rechtsgüter liefert. Zur Beurteilung der Frage, ob eine Gefahr mit „ausreichender“ Wahrscheinlichkeit, also fast mit Gewißheit, besteht, müssen nach verständiger Würdigung der Sach- und Rechtslage konkrete Tatsachen und Anhaltspunkte vorliegen. Ein bloßer Eindruck von einer Gefahr, eine vage Prognose oder Verdachtsmomente reichen daher normalerweise nicht aus, da aufgrund der Verhältnismäßigkeit der Mittel ein derart intensiver Eingriff, im Hinblick auf eine dann möglicherweise doch nicht bestehende Gefahr nicht gerechtfertigt wäre.


118 Vergl. auch BVerfGE 83 S. 24, 30; Denninger in Lisken/Denninger, E Rn. 29; Friauf in Schmidt-Aßmann, Rn. 50.

119 BVerwGE 45 S. 51, 57.

120 Nach BVerwGE 45 S. 58 wird hier eine besondere Anforderung an die zeitliche Nähe des Schadenseintritts gestellt.

OVG Münster in DÖV 1954 S. 319: „ ... d.h. einer Gefahr, die nicht nur, wie bei der allgemeinen Gefahr, in naher Zeit, sondern in allernächster Zeit mit einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist“. (In diesem Fall ging es um die Einweisung eines Geisteskranken in eine Anstalt).

Ebenso: OLG Celle in NJW 1963 S. 2377 ff.: „ ... ist nur zulässig, wenn die Wahrscheinlichkeit besteht, daß innerhalb kürzester Zeit ein Schaden eintritt ... die Wahrscheinlichkeit selbst und die bloße Möglichkeit, daß dies in nächster Zeit geschehen wird, reichen nicht aus.“ (Auch hier ging es um die zwangsweise Unterbringung eines Geisteskranken.) Die zeitliche Komponente wird damit begründet, daß die bloße Wahrscheinlichkeit oder Möglichkeit eigentlich bei „jedermann“ gegeben ist (S. 2378).

Auch BVerwG in NJW 1970 S. 1892: „ ... bei besonderen Rechtsgüter (hier im Fall der Möglichkeit einer erheblichen Wasserverschmutzung), reicht auch eine entferntere Möglichkeit eines Schadenseintritts aus ... “, also eine Differenzierung je nach dem Schutzgut „je ... desto Formel“.

OVG Saarlouis in DÖV 1973 S. 864: „ ... gebietet für diese Fallgestaltung grundsätzlich zumindest eine Prognosesicherheit im Sinne einer nahezu an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit des Störungseintritts.“

Anmerkungen

Quelle ist in Fn. 205 genannt. Die Eigenständigkeit der Formulierung gegenüber der Quelle ist gering.

Alle genannten Verweise in Fn. 204 finden sich in Ausführlichkeit bereits in der Vorlage.

Das wörtliche Zitat des Bundesverwaltungsgerichts steht bei Stoermer noch korrekt in Anführungszeichen, die Ks wegläßt.

Sichter
Graf Isolan



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