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Angaben zur Quelle [Bearbeiten]

Autor     Troels Fink
Titel    Deutschland als Problem Dänemarks. Die geschichtlichen Voraussetzungen der dänischen Außenpolitik
Ort    Flensburg
Verlag    Christian Wolff Verlag
Jahr    1968
Reihe    Die d- und -d-Taschenbücher ; 2

Literaturverz.   

ja
Fußnoten    ja
Fragmente    14


Fragmente der Quelle:
[1.] Analyse:Fwp/Fragment 195 06 - Diskussion
Zuletzt bearbeitet: 2013-06-16 16:25:00 WiseWoman
BauernOpfer, Fink 1968, Fragment, Fwp, SMWFragment, Schutzlevel, ZuSichten

Typus
BauernOpfer
Bearbeiter
Klgn
Gesichtet
No
Untersuchte Arbeit:
Seite: 195, Zeilen: 6-
Quelle: Fink 1968
Seite(n): 9, Zeilen: 3-4; 10-
Dänemarks außenpolitische Ziele haben sich von einem »Höchstgrad an Aggressivität«1 bis zu vorsichtiger Selbstbehauptung verlagert.

Die große Wende in Dänemarks Außenpolitik fällt in das Jahr 1720. Sie war bis dahin im Prinzip aggressiv gewesen, besonders in der letzten Phase von 1658 bis 1720, mit der Absicht, das verlorene Schonen zurückzugewinnen. Als 1720 dieser Plan aufgegeben werden mußte, ging Dänemark dazu über, eine Art Neutralitätspolitik zu betreiben, d. h. die wechselnden dänischen Regierungen hielten sich aus den Kriegen anderer Mächte heraus, unterließen es aber nicht, Bündnisse abzuschließen. Dänemark hatte im 18. Jahrhundert mit England, Frankreich und Rußland Bündnisse geschlossen. Als beispielsweise 1756 der preußische Siebenjährige Krieg ausbrach, hätte Dänemark demnach mit Frankreich gegen England ziehen müssen. Es war jedoch das Verdienst des Ministers J. H. E. Bernstorff, den Franzosen den Vorteil plausibel zu machen, wenn ein neutrales Dänemark einen Teil des französischen Handels mit den Kolonien wahrnehmen könnte, von denen die überlegene englische Seemacht Frankreich abgeschnitten hatte. Das war natürlich eine Neutralitätspolitik zum Vorteil Dänemarks, allerdings mit der Folge, daß die französische Regierung im Verlauf des Krieges das Interesse an einer Fortsetzung des Bündnisses mit Dänemark verlor. Bis 1807 gelang es den dänischen Staatsführern, diesen Neutralitätskurs zu steuern. Im Kampf zwischen Napoleon und seinen Feinden konnte Dänemark auf lange Sicht freilich keinen Standort zwischen den Parteien einnehmen. Durch Englands Bombardement auf Kopenhagen im Jahre 1807 sah sich Dänemark zu einem Bündnis mit Napoleon gedrängt, mußte allerdings 1814 zusammen mit ihm die Niederlage hinnehmen. Außenpolitische Schwierigkeiten, so vor allem der Konflikt mit Norwegen, und innenpolitische Probleme, insbesondere der Staatsfinanzen, zwan-[gen Dänemark nach den napoleonischen Kriegen, neue Wege zu suchen.]


[S. 249]

1 Troels Fink, Deutschland als Problem Dänemarks, Flensburg 1968

Dänemarks außenpolitisches Ziel hat sich von einem Höchstgrad an Aggressivität zu vorsichtigster Selbstbehauptung verlagert. [...]

Die große Scheide in Dänemarks Außenpolitik fällt in das Jahr 1720. Bis dahin war die dänische Außenpolitik im Prinzip aggressiv gewesen, besonders in der letzten Phase von 1658-1720, in der Hoffnung, das im Jahre 1658 verlorene Schonen zurückzugewinnen. 1720 wurde diese Hoffnung aufgegeben; Dänemark ging dazu über, eine Art Neutralitätspolitik zu treiben, d. h. die wechselnden dänischen Regierungen hielten sich aus den Kriegen anderer Mächte heraus, unterließen es aber nicht, Bündnisse abzuschließen. Dänemark hat im 18. Jahrhundert im Bündnis mit England sowohl als auch mit Frankreich und mit Rußland gestanden. Als beispielsweise 1756 der preußische Siebenjährige Krieg ausbrach, hätte Dänemark nach den Bündnis-Abmachungen mit Frankreich gegen England ziehen müssen, aber es war das Verdienst des Ministers J. H. E. Bernstorff, daß er den Franzosen klarmachte, welchen Vorteil es für sie bedeutete, wenn ein neutrales Dänemark einen Teil des französischen Handels mit den Kolonien wahrnehmen könnte, von denen die überlegene englische Seemacht Frankreich abgeschnitten hatte. Das war natürlich eine Neutralitätspolitik zum Vorteil Dänemarks, und man kann es der französischen Regierung nicht verübeln, daß sie im Verlauf des Krieges das Interesse an einer Fortsetzung des Bündnisses mit Dänemark verlor. Bis 1807 gelang es den dänischen Staatsführern im großen und ganzen, einen Neutralitätskurs zu steuern. Aber im Kampf zwischen Napoleon und seinen Feinden konnte Dänemark nicht auf lange Sicht einen Standort zwischen den Parteien einnehmen. Durch Englands Übergriff im Jahre 1807, als Kopenhagen bombardiert wurde, wurde Dänemark in ein Bündnis mit Napoleon hineingezwungen, und mußte 1814 zusammen mit ihm die Niederlage einstecken. Ohne Freunde, mit ruinierten Finanzen und durch den Verlust der Verbindung mit Norwegen als Machtfaktor stark beeinträchtigt mußte Dänemark nach den napoleonischen Kriegen neue Wege suchen.

Anmerkungen
Sichter


[2.] Analyse:Fwp/Fragment 196 01 - Diskussion
Zuletzt bearbeitet: 2013-06-11 18:49:19 Klgn
Fink 1968, Fragment, Fwp, SMWFragment, Schutzlevel, Verschleierung, ZuSichten

Typus
Verschleierung
Bearbeiter
Klgn
Gesichtet
No
Untersuchte Arbeit:
Seite: 196, Zeilen: 1-
Quelle: Fink 1968
Seite(n): 9, Zeilen: S. 9: 36-40; S. 10: 1-3; S. 11: 9-; S. 12: 1-12
[Außenpolitische Schwierigkeiten, so vor allem der Konflikt mit Norwegen, und innenpolitische Probleme, insbesondere der Staatsfinanzen, zwan-]gen Dänemark nach den napoleonischen Kriegen, neue Wege zu suchen. Ein Versuch, 1815 ein Bündnis mit dem bisherigen Hauptgegner England herbeizuführen, schlug fehl. So entschloß man sich nun zur bündnisfreien Neutralitätspolitik. Im großen und ganzen war das der Kurs bis 1849.

Die Behauptung, daß die dänische Neutralitätspolitik vom Frieden zu Kiel 1814 bis zum Überfall Hitlerdeutschlands auf Dänemark am 9. April 1940 durchgehalten wurde, erfordert allerdings eine nähere Erläuterung, denn Dänemark befand sich sowohl 1848/50 als auch 1864 mit deutschen Mächten im Krieg. Die Ursache war in beiden Fällen die Schleswig-Frage, die von dem Ausbruch der schleswig-holsteinischen Revolution im Jahre 1848 bis zur Teilung Schleswigs im Jahre 1920 ein ernster außenpolitischer Streitpunkt war.

Es muß daher unterstrichen werden, daß die eben erwähnte Neutralitätspolitik Dänemarks besonders im Hinblick auf Kriege anderer Staaten zu sehen ist, während Dänemarks Verhältnis zu Deutschland durch die besondere Situation des alten Gesamtstaates kompliziert war. Die Kriege von 1848/50 und 1864 haben ihren Hintergrund in der Tatsache, daß der alte Gesamtstaat sich überlebt hatte und Reformen erforderlich wurden. Der dänische Gesamtstaat sah wesentlich anders aus als das heutige Dänemark, und es wird zweckmäßig sein, zunächst den Gesamtstaat, wie er aus den napoleonischen Kriegen im Jahre 1814 hervorgegangen war, zu betrachten. Zunächst einmal herrschte der dänische König über das Königreich Dänemark bis zur Königsau, weiterhin über das Herzogtum Schleswig zwischen Königsau und der Eider sowie über das Herzogtum Holstein zwischen Eider und Elbe; auch das kleine Herzogtum Lauenburg sowie Island, die Faröer und Grönland gehörten zum Reich; aber diese Reichsteile warfen damals keine ernstlichen Probleme auf.

Zwischen den beiden Herzogtümern gab es von jeher gewisse politische Gemeinsamkeiten, und es bestand noch immer eine verwaltungsmäßige Verbindung. Die deutsche Sprache hatte in den beiden Herzogtümern eine beherrschende Stellung, nur in den ländlichen Bezirken Nordschleswigs bediente man sich des Dänischen als Kirchen- und Schulsprache. Es bestand freilich insofern ein wesentlicher Unterschied, als Holstein ein Teil des deutschen Reiches, Schleswig oder Südjütland hingegen ein altes dänisches Herzogtum war.

Die Grenze zwischen dem alten deutschen und dem alten dänischen Reich verlief an der Eider. Das Deutsche Reich besaß nur eine sehr schwache zentrale Leitung. Im Jahre 1815 hatten 39 deutsche Einzelstaaten, unter ihnen auch Holstein, einen Deutschen Bund gebildet; in allen Fragen von politischem Gewicht waren die Einzelstaaten jedoch souverän.

Zwischen den beiden führenden deutschen Mächten Österreich und Preußen herrschte eine ausgesprochene Rivalität. Von jenem Staatengebilde, welches sich die deutsche Jugend während der Freiheitskriege [gegen Napoleon erträumt hatte, war der Deutsche Bund nur ein schwacher Abglanz, doch der Traum von Deutschlands Einheit lebte weiter, ebenso wie die Hoffnung auf eine moderne, liberale Verfassung.]

[S. 9]

Ohne Freunde, mit ruinierten Finanzen und durch den Verlust der Verbindung mit Norwegen als Machtfaktor stark beeinträchtigt mußte Dänemark nach den napoleonischen Kriegen neue Wege suchen. Ein Versuch, 1815 in ein Bündnis mit England, das eben noch Feind Nr. 1 gewesen war, zu kommen, schlug fehl. So

[S. 10]

machte man aus der Not eine Tugend. Dänemarks außenpolitischer Kurs kann von da an als bündnisfreie Neutralitätspolitik bezeichnet werden. Im großen ganzen war das der Kurs bis 1949. [...]

[S. 11]

Wenn vorhin behauptet wurde, daß die dänische Neutralitätspolitik im großen und ganzen vom Frieden von Kiel 1814 bis zum Überfall Hitlerdeutschlands auf Dänemark am 9. April 1940 durchgehalten wurde, so erfordert dies eine nähere Erläuterung, denn Dänemark befand sich sowohl 1848/50 als auch 1864 mit deutschen Mächten im Krieg. Die Ursache war in beiden Fällen die Schleswig-Frage, die von dem Ausbruch der schleswig-holsteinischen Revolution im Jahre 1848 bis zur Teilung Schleswigs im Jahre 1920 ein ernster außenpolitischer Streitpunkt war. Es muß daher unterstrichen werden, daß die im Vorhergehenden erwähnte Neutralitätspolitik dann Geltung hatte, wenn Dänemark Stellung nahm zu den Kriegen anderer Staaten, während Dänemarks Verhältnis zu Deutschland durch die besondere Zusammensetzung des alten Gesamtstaates kompliziert war. Die Kriege 1848/50 und im Jahre 1864 haben ihren Hintergrund in der Tatsache, daß der alte Gesamtstaat sich überlebt hatte, und daß etwas Neues an seine Stelle gesetzt werden mußte.

Der dänische Gesamtstaat sah wesentlich anders aus als das Dänemark, das wir heute kennen, und es wird zweckmäßig sein, zunächst den Gesamtstaat, wie er aus den Schicksalsschlägen des Napoleonkrieges im Jahre 1814 hervorgegangen war, zu betrachten. Zunächst einmal herrschte der dänische König über das Königreich Dänemark bis zur Königsau, weiterhin über das Herzogtum Schleswig zwischen der Königsau und der Eider, sowie über das Herzogtum Holstein zwischen Eider und Elbe. Auch das kleine Herzogtum Lauenburg, sowie Island, die Färöer und Grönland gehörten zum Reich; aber diese Reichsteile warfen damals keine ernstlichen Probleme auf.

Zwischen den beiden Herzogtümern hatte in alter Zeit eine gewisse politische Gemeinschaft bestanden, und es bestand noch immer eine gewisse verwaltungsmäßige Verbindung. Die deutsche Sprache hatte in den beiden Herzogtümern eine beherrschende Stellung. Nur in den ländlichen Bezirken Nordschleswigs bediente man sich des Dänischen als Kirchen- und Schulsprache. Es bestand aber insofern ein wesentlicher Unterschied, als Holstein ein Teil des deutschen Reiches, Schleswig oder

[S. 12]

Südjütland aber ein altes dänisches Herzogtum war. Die Grenze zwischen dem alten deutschen und dem alten dänischen Reich verlief an der Eider. Das Deutsche Reich besaß nur eine sehr schwache zentrale Leitung. Im Jahre 1815 hatten 39 deutsche Einzelstaaten, unter ihnen auch Holstein, einen Deutschen Bund gebildet; in allen Fragen von politischem Gewicht waren die Einzelstaaten jedoch souverän. Zwischen den beiden führenden deutschen Mächten, Österreich und Preußen herrschte eine ausgesprochene Rivalität. Von jenem Staatengebilde, das sich die deutsche Jugend während der Freiheitskriege gegen Napoleon erträumt hatte, war der Deutsche Bund nur ein schwacher Abglanz, doch der Traum von Deutschlands Einheit lebte weiter, ebenso wie die Hoffnung auf eine moderne, liberale Gestaltung der Verfassung.

Anmerkungen

Fortsetzung von Fwp/Fragment 195 06‎

Sichter


[3.] Analyse:Fwp/Fragment 197 01 - Diskussion
Zuletzt bearbeitet: 2013-06-16 16:26:45 WiseWoman
BauernOpfer, Fink 1968, Fragment, Fwp, SMWFragment, Schutzlevel, ZuSichten

Typus
BauernOpfer
Bearbeiter
Klgn
Gesichtet
No
Untersuchte Arbeit:
Seite: 197, Zeilen: 1-
Quelle: Fink 1968
Seite(n): 12, Zeilen: S. 12: 8-; S. 13: 1-
[Von jenem Staatengebilde, welches sich die deutsche Jugend während der Freiheitskriege] gegen Napoleon erträumt hatte, war der Deutsche Bund nur ein schwacher Abglanz, doch der Traum von Deutschlands Einheit lebte weiter, ebenso wie die Hoffnung auf eine moderne, liberale Verfassung.

Solange der Deutsche Bund ein schwaches Gebilde blieb, bedeutete die Doppelstellung Holsteins — das zugleich Teil des Deutschen Bundes und Teil der dänischen Monarchie war — keine ernstliche Belastung des dänischen Reiches; doch es zeigte sich, daß die sich verstärkenden deutschen Einheitsbestrebungen die dänische Monarchie erschütterten. In den Herzogtümern wünschten starke Kräfte eine gemeinsame Zukunft Schleswigs und Holsteins mit Deutschland. Zur großen Überraschung für diese deutschfreundlichen Kreise erhob sich in den 1840er Jahren in Nordschleswig eine kraftvolle Bewegung, die gegen die Abtrennung von Dänemark protestierte und den Wunsch vertrat, daß der dänischen Sprache wieder der ihr rechtmäßig zustehende Platz eingeräumt werde.

Die Teilung des Herzogtums Schleswig in ein Dänemark-Nordschleswig und ein Holstein-Südschleswig, möglicherweise in Personalunion beider Reichsteile, erscheint vielleicht als Lösungsmöglichkeit, doch damals war die Zeit noch nicht reif für eine solche Regelung. Noch befand man sich, wie Orla Lehmann, einer der führenden dänischen Politiker jener Zeit es ausdrückte, »im Vorhof der Möglichkeiten 2«.

Vom dänischen Standpunkt aus war ein Verzicht auf den südlichen Teil Schleswigs nicht unbedingt nötig, da historische wie völkerrechtliche Gründe für die Fortsetzung der Gemeinschaft zwischen Dänemark und Schleswig sprachen. Deutscherseits waren die Worte »up ewig ungedeelt« die Parole für ein mehr oder weniger selbständiges Schleswig-Holstein. Immer mehr Dänen wurden sich hingegen in den 1848er Jahren darüber klar, daß die alte Gemeinschaft mit Holstein nicht aufrechterhalten werden konnte, oder — mit anderen Worten — daß der alte Gesamtstaat nicht mehr lebensfähig war. Man erblickte die Aufgabe darin, die Unabhängigkeit Dänemarks und Schleswigs dadurch zu sichern, daß Holstein eine Sonderstellung in der Monarchie verliehen würde.

Die Schwierigkeiten, die entstehen würden, wenn die Verbindung mit dem deutschen Bundeslande Holstein nicht gelöst würde, zeigten sich bereits 1840 und in den folgenden Jahren. Europa erlebte eine Periode drohender Kriegsgefahr. Frankreich wurde von den Großmächten bedroht, und ausnahmsweise standen Österreich und Preußen Seite an Seite. Man traf militärische Vorbereitungen und beabsichtigte auch, das deutsche Bundesheer zu mobilisieren, wozu jedes Land, auch Dänemark für Holstein, ein bestimmtes Kontingent zu stellen hatte.

Die Mannschaften stammten aus Holstein, die Offiziere waren jedoch zur Hauptsache dänischer Herkunft. Das dänische Offizierskorps erhielt nur geringen Zustrom aus deutschen Kreisen des Reiches. Wäre es damals zum Krieg gekommen, hätte Holstein auf deutscher Seite kämpfen [müssen, während Dänemark und Schleswig theoretisch eine Neutralitätspolitik hätten verfolgen können.]


[S. 249]

2 zitiert nach Troels Fink, a. a. O.

Von jenem Staatengebilde, das sich die deutsche Jugend während der Freiheitskriege gegen Napoleon erträumt hatte, war der Deutsche Bund nur ein schwacher Abglanz, doch der Traum von Deutschlands Einheit lebte weiter, ebenso wie die Hoffnung auf eine moderne, liberale Gestaltung der Verfassung. So lange der Deutsche Bund ein schwaches Gebilde blieb, bedeutete die Doppelstellung Holsteins - das zugleich Teil des deutschen Bundes und Teil der dänischen Monarchie war - keine ernstliche Belastung der dänischen Königsmacht; doch erwies es sich jedesmal, wenn die deutschen Einheitsbestrebungen sich stärker geltend machten, daß die dänische Monarchie dadurch in ihren Grundfesten erschüttert wurde. In den Herzogtümern wünschten starke Kräfte, daß Schleswig und Holstein eine Zukunft gemeinsam mit Deutschland anstreben sollten. Zur großen Überraschung für diese deutschen Kreise erhob sich in den 1840er Jahren in Nordschleswig eine kraftvolle Bewegung, die gegen die Trennung von Dänemark protestierte und den Wunsch vertrat, daß der dänischen Sprache wieder der ihr rechtmäßig zustehende Platz eingeräumt werden möge.

Man könnte hier vielleicht sagen: Ja, warum dann aber nicht das Herzogtum Schleswig so teilen, daß man ein Dänemark-Nordschleswig und ein Holstein-Südschleswig erhalten hätte, möglicherweise mit einer Personalunion zwischen den beiden Reichsteilen. Gewiß, wenn man die Dinge rückschauend betrachtet, könnte es so scheinen, als habe eine Lösungsmöglichkeit auf dieser Linie gelegen, aber die Zeit war nicht reif für eine solche Lösung. Noch befand man sich, wie einer der führenden dänischen Politiker jener Zeit, Orla Lehmann, es ausdrückte, „im Vorhof der Möglichkeiten“. Es war, vom dänischen Standpunkt aus betrachtet, nicht unbedingt nötig, auf den südlichen Teil Schleswigs zu verzichten, und die Geschichte und das Völkerrecht sprachen für die Fortsetzung der Gemeinschaft zwischen Dänemark und Schleswig. Deutscherseits waren die Worte „up ewig ungedeelt“ der Leitfaden bei dem Versuch, ein mehr oder weniger selbständiges Schleswig-Holstein zu schaffen. Immer mehr Dänen wurden sich aber in den 1840er Jahren darüber klar, daß die alte Gemeinschaft mit Holstein nicht aufrechterhalten werden konnte oder, mit anderen Worten, daß der alte Gesamtstaat nicht mehr lebensfähig

[S. 13]

war. Man erblickte die Aufgabe darin, die Unabhängigkeit Dänemarks und Schleswigs dadurch zu sichern, daß Holstein eine Sonderstellung in der Monarchie verliehen würde.

Eine kleine Warnung vor den Schwierigkeiten, welche entstehen würden, wenn die Verbindung mit dem deutschen Bundeslande Holstein nicht gelöst würde, erhielt man im Jahre 1840 und in den folgenden Jahren. Europa erlebte eine Periode drohender Kriegsgefahr. Frankreich wurde von den anderen Großmächten bedroht, und ausnahmsweise standen Österreich und Preußen Seite an Seite. Man traf militärische Vorbereitungen und beabsichtigte auch, das deutsche Bundesheer zu mobilisieren. Jedes Land stellte ein Kontingent zum Bundesheer, und auch Dänemark mußte für Holstein eine bestimmte Truppenzahl stellen. Die Mannschaften stammten aus Holstein, die Offiziere aber waren zur Hauptsache dänischer Herkunft. Das dänische Offizierkorps erhielt nur geringen Zustrom aus den deutschen Kreisen des Reiches. Wenn es damals zum Kriege gekommen wäre, hätte Holstein auf deutscher Seite am Kriege teilnehmen müssen, während Dänemark und Schleswig theoretisch eine Neutralitätspolitik hätten verfolgen können;

Anmerkungen
Sichter


[4.] Analyse:Fwp/Fragment 198 01 - Diskussion
Zuletzt bearbeitet: 2013-06-16 16:27:39 WiseWoman
Fink 1968, Fragment, Fwp, SMWFragment, Schutzlevel, Verschleierung, ZuSichten

Typus
Verschleierung
Bearbeiter
Klgn
Gesichtet
No
Untersuchte Arbeit:
Seite: 198, Zeilen: 1-
Quelle: Fink 1968
Seite(n): 13, Zeilen: S. 13: 15-; S. 14: 1-; S. 15: 5-
[Wäre es damals zum Krieg gekommen, hätte Holstein auf deutscher Seite kämpfen] müssen, während Dänemark und Schleswig theoretisch eine Neutralitätspolitik hätten verfolgen können. Da aber ein Teil des dänischen Heeres in den Krieg verwickelt gewesen wäre und der andere Teil praktisch kaum seine Neutralität hätte bewahren können, sah man sich veranlaßt, diese Zusammenhänge genauer zu durchdenken. So gewann die sogenannte Eiderpolitik ihre erste Gestalt.

Was im Jahre 1840 sich bereits als Problem stellte, führte im Jahre 1848 zur Katastrophe. Deutschland versuchte nun in der Frankfurter Paulskirche, seine Einheit zu verwirklichen und eine gemeinsame Verfassung zu schaffen. In Schleswig-Holstein kam es zum relativen Versuch, die beiden Herzogtümer in die Bewegung einzugliedern. In Dänemark gewann die Eiderpolitik die Oberhand, die ebenfalls eine gemeinsame Verfassung für Dänemark und Schleswig zu schaffen suchte.

Drei Jahre hindurch führte man Krieg, aber weder das eine noch das andere Ziel ging in Erfüllung. In Deutschland siegte nach kurzer Zeit die Reaktion. Als der Krieg im Jahre 1850 beendet war, waren die Schleswig-Holsteiner zwar geschlagen, jedoch war die Stellung der Dänen nicht so stark, daß sie das Programm der Eiderpolitik durchführen konnten. Unter dem Druck der Großmächte mußte man sich wieder dem Gesamtstaat zuwenden, und zum Jahreswechsel 1851/52 einigten sich die dänische, die preußische und die österreichische Regierung auf eine Formel für die Verfassungsverhältnisse im Gesamtstaat: Schleswig durfte nicht enger mit Dänemark verbunden werden als Holstein. Ein Vertrag wurde jedoch nicht geschlossen. Die Absprache war vielmehr das Ergebnis eines diplomatischen Notenwechsels. Die dänische Regierung sah sich zu dieser Regelung gezwungen, die im Grunde den Gegebenheiten der Vergangenheit entsprach.

Die Stellung Dänemarks wurde in diesen Jahren noch komplizierter, weil vorauszusehen war, daß das Königshaus mit Friedrich VII. aussterben würde. Durch ein im Jahre 1852 in London geschlossenes Abkommen wurde die Erbfolge so geregelt, daß Prinz Christian von Schleswig-Holstein-Sonderburg-Glücksburg die Krone der dänischen Monarchie übernehmen sollte. In Verbindung mit dieser Erbfolgeregelung gaben alle Großmächte dem Gesamtstaat ihre Anerkennung. Mehrere Jahre versuchten verschiedene dänische Regierungen, eine gemeinsame Verfassung für den Gesamtstaat zu schaffen; die Vorschläge stießen indessen entweder auf den Widerstand der deutschen oder der dänischen Staatsbürger. Als dann die deutschen Großmächte sich der Sache der Holsteiner annahmen, trat ein Stillstand der Entwicklung ein, der u. a. auch die Funktionsunfähigkeit der gemeinsamen Verfassung von 1855 offenkundig werden ließ.

Im Jahre 1858 löste eine provisorische Regelung die gemeinsame Verfassung von 1855 in Holstein ab, während die für Dänemark und Schleswig noch geltendes Recht darstellte. Als hingegen alle Versuche, [eine auch für Holstein dauerhafte Regelung zu finden, erfolglos blieben, mehrten sich die Stimmen, Holstein eine Sonderstellung zu geben, durch die Schleswig faktisch enger als Holstein mit Dänemark verbunden wurde.]

Wenn es damals zum Kriege gekommen wäre, hätte Holstein auf deutscher Seite am Kriege teilnehmen müssen, während Dänemark und Schleswig theoretisch eine Neutralitätspolitik hätten verfolgen können; wenn aber ein Teil des dänischen Heeres durch Holstein in den Krieg verwickelt war, hätte der andere Teil wohl nur schwer seine Neutralität wahren können. Dadurch, daß man sich veranlaßt sah, diese Zusammenhänge genauer zu durchdenken, gewann die sogenannte Eiderpolitik ihre erste Gestalt.

Was man im Jahre 1840 als leichte Vorwarnung verspürt hatte, wurde im Jahre 1848 zur blutigen Wirklichkeit. In Deutschland versuchte man in der Frankfurter Paulskirche, den Traum von der Einheit Deutschlands und von einer freien gemeinsamen Verfassung zu verwirklichen. Die Schleswig-Holsteiner machten Revolution und versuchten, die beiden Herzogtümer in die deutsche Bewegung einzugliedern, in Dänemark gewann die Eiderpolitik die Oberhand, und man träumte davon, eine gemeinsame Verfassung für Dänemark und Schleswig zu schaffen.

Drei Jahre hindurch führte man Krieg, aber weder der eine noch der andere Traum ging in Erfüllung. In Deutschland siegte nach kurzer Zeit die Reaktion. Als der Krieg im Jahre 1850 beendet war, waren die Schleswig-Holsteiner zwar geschlagen, aber die Stellung der Dänen war nicht so, daß sie das Programm der Eiderpolitik durchführen konnten. Unter dem Druck der Großmächte mußte man sich wieder dem Gesamtstaat zuwenden, und zum Jahreswechsel 1851/52 einigten sich die dänische, die preußische und die österreichische Regierung auf eine Formel für die Regelung der Verfassungsverhältnisse im Gesamtstaat: Schleswig durfte nicht enger mit Dänemark verbunden werden als Holstein. Man

[S. 14]

schloß keinen Vertrag, die Absprache war vielmehr das Ergebnis eines diplomatischen Notenwechsels. Die dänische Regierung sah sich zu dieser Regelung gezwungen, die den Gegebenheiten der Vergangenheit entsprach.

Die Stellung Dänemarks wurde in diesen Jahren noch besonders kompliziert, weil man voraussehen konnte, daß das Königshaus mit Friedrich VII. aussterben werde. Durch ein im Jahre 1852 in London geschlossenes Abkommen wurde die Erbfolge so geregelt, daß Prinz Christian von Schleswig-Holstein-Sonderburg-Glücksburg die Krone der ganzen dänischen Monarchie übernehmen sollte.

In Verbindung mit dieser Erbfolgeregelung gaben alle Großmächte dem Gesamtstaat ihre Anerkennung. Mehrere Jahre lang versuchten wechselnde dänische Regierungen, eine gemeinsame Verfassung für den Gesamtstaat zu schaffen; aber die Vorschläge stießen entweder auf den Widerspruch der deutschen oder der dänischen Bürger des Staates, und als dann die deutschen Großmächte sich der Sache der Holsteiner annahm, kam man nicht mehr voran. Die gemeinsame Verfassung des Jahres 1855 war nicht funktionsfähig. [...]


[S. 15]

Seit dem Jahre 1858 lebte man unter einer provisorischen Regelung, die gemeinsame Verfassung des Jahres 1855 war hinsichtlich Holsteins außer Kraft gesetzt, während sie für Dänemark und Schleswig geltendes Recht darstellte. Das mochte eine Zeitlang so gehen; als aber alle Versuche, eine auch für Holstein geltende Regelung zu finden, vereitelt worden waren, wuchs die Stimmung dafür, den gordischen Knoten durchzuschlagen und zu versuchen, Holstein eine Sonderstellung zu geben, so daß Schleswig faktisch enger als Holstein mit Dänemark verknüpft würde.

Anmerkungen
Sichter


[5.] Analyse:Fwp/Fragment 199 01 - Diskussion
Zuletzt bearbeitet: 2013-06-16 16:28:30 WiseWoman
Fink 1968, Fragment, Fwp, SMWFragment, Schutzlevel, Verschleierung, ZuSichten

Typus
Verschleierung
Bearbeiter
Klgn
Gesichtet
No
Untersuchte Arbeit:
Seite: 199, Zeilen: 1-
Quelle: Fink 1968
Seite(n): 15, Zeilen: S. 15: 8-; S. 16: 1-
[Als hingegen alle Versuche,] eine auch für Holstein dauerhafte Regelung zu finden, erfolglos blieben, mehrten sich die Stimmen, Holstein eine Sonderstellung zu geben, durch die Schleswig faktisch enger als Holstein mit Dänemark verbunden wurde. Eine solche Politik mußte allerdings den Protest der deutschen Großmächte gewärtigen, doch hoffte man, sie unter günstigen internationalen Konstitutionen vielleicht doch zum erwünschten Erfolg führen zu können; in diese Richtung gingen dann auch die Überlegungen der dänischen Politiker.

Die Gemeinschaft mit Holstein bedeutete gleichzeitig eine dauernde Abhängigkeit von Deutschland. Mit dem Anwachsen des Einheitsgedankens würde diese Abhängigkeit noch größer werden. Das Streben der dänischen Regierung ging nun dahin, auf eine engere Verbindung mit Holstein zu verzichten, damit die vom Deutschen Bund unabhängigen Teile des dänischen Staates ein freies gemeinsamen Leben führen könnten. Die Mehrheit der Bevölkerung im nördlichen Teil Schleswigs hegte jedoch den Wunsch, mit dem dänischen Volk in politischer Gemeinschaft zu leben. Obwohl gelegentliche Vorschläge von beiden Seiten gemacht wurden, waren weder die Deutschen noch die Dänen zum damaligen Zeitpunkt bereit, die »nationale Gesinnung« der Bevölkerung als Grenze anzuerkennen.

Während diese schwierigen Fragen in der europäischen Öffentlichkeit und in zahlreichen Noten zwischen den Mächten erörtert wurden, verschärfte die Entwicklung in Deutschland die Gegensätze zwischen den deutschen Staaten. Im Jahre 1862 wurde Otto von Bismarck preußischer Ministerpräsident, und auch in Dänemark ahnte man ebenso wenig wie in anderen Ländern, welchem überlegenen Staatsmann man nun gegenüberstand. Die dänische Regierung unter C. C. Hall hielt im Gegenteil die internationale Lage für günstig und setzte eine — wenn auch schwache — Hoffnung auf die Unterstützung durch Norwegen und Schweden, denn die schwedische Regierung hatte als einzige von allen ausländischen Regierungen zu einer Politik geraten, durch die Holstein eine Sonderstellung erhalten würde.

Im Frühjahr 1863 schien der Regierung die Zeit zum Handeln günstig zu sein. Mit der sogenannten Märzdeklaration vom 30. März 1863 tat man den entscheidenden Schritt. Die dänische Regierung gab bekannt, daß Holstein eine besondere Verfassung und ein selbständiges Heer erhalten solle. Nur den König, die Außenpolitik und die Flotte sollte es mit Dänemark gemeinsam haben. Damit hatte die Gemeinschaftsverfassung des Jahres 1855 tatsächlich nur noch für Dänemark und Schleswig Geltung. Im September 1863 ging die Regierung noch einen Schritt weiter und schlug eine Revision der gemeinsamen Verfassung von 1855 vor, die für die beiden Gebiete Dänemark und Schleswig gelten solle. Es handelte sich zwar nicht um eine Eingliederung Schleswigs in Dänemark, doch war eine Tendenz in diese Richtung unverkennbar.

als aber alle Versuche, eine auch für Holstein geltende Regelung zu finden, vereitelt worden waren, wuchs die Stimmung dafür, den gordischen Knoten durchzuschlagen und zu versuchen, Holstein eine Sonderstellung zu geben, so daß Schleswig faktisch enger als Holstein mit Dänemark verknüpft würde. Bei einer solchen Politik mußte man auf den Protest der deutschen Großmächte vorbereitet sein, doch würde man sie unter günstigen internationalen Konstellationen vielleicht doch zum erwünschten Erfolge führen können; so dachten die dänischen Politiker. [...]

Wenn die Gemeinschaft mit Holstein bewahrt bleiben sollte, würde dies eine dauernde Abhängigkeit von Deutschland bedeuten; mit dem Anwachsen des deutschen Einheitsgedankens würde diese Abhängigkeit größer werden, und das deutsche Rad würde dem dänischen die Drehung vorschreiben. Das Streben der dänischen Regierung ging dahin, die beiden Räder auseinanderzurücken, indem man auf eine engere Verbindung mit Holstein verzichtete, so daß die vom Deutschen Bund unabhängigen Teile des dänischen Staates ein freies gemeinsames Leben führen könnten. Der Haken dabei war nur, daß die Mehrzahl der Bevölkerung im südlichen Teile Schleswigs nicht den Wunsch hegte, mit dem dänischen Volke in politischer Gemeinschaft zu leben. Man war noch nicht so weit gekommen, die Bedeutung der nach der nationalen Gesinnung der Bevölkerung gezogenen Grenze zu erkennen; das taten damals weder die Dänen noch die Deutschen, obwohl dann und wann solche Vorschläge gemacht wurden.

Während alle diese schwierigen Fragen in der europäischen Öffentlichkeit und in ungezählten Noten zwischen den Mächten erörtert wurden, ging in Deutschland eine Entwicklung vor, durch welche die Gegensätze zwischen den deutschen Staaten verschärft wurden. Im Jahre 1862 wurde Otto v. Bismarck zum preußischen Ministerpräsidenten ernannt. Man

[S. 16]

ahnte in Dänemark ebenso wenig wie in anderen Ländern, welchem überlegenen Staatsmann man nunmehr gegenüber stand. Die dänische Regierung unter C. C. Hall hielt im Gegenteil die internationale Lage für günstig und setzte eine - wenn auch schwache - Hoffnung auf eine Unterstützung durch Norwegen und Schweden, denn die schwedische Regierung hatte als einzige aller ausländischen Regierungen zu einer Politik geraten, durch die Holstein eine Sonderstellung erhalten würde. Im Frühjahr 1863 schien der Regierung die Zeit für ein kühnes Handeln günstig zu sein. Mit der sogenannten Märzdeklaration vom 30. März 1863 tat man den entscheidenden Schritt. Die dänische Regierung gab als ihre politische Absicht bekannt, daß Holstein eine besondere Verfassung und ein selbständiges Heer erhalten solle. Nur den König, die Außenpolitik und die Flotte sollten es mit Dänemark gemeinsam haben. Damit hatte die Gemeinschaftsverfassung des Jahres 1855 tatsächlich nur noch für Dänemark und Schleswig Geltung, und im September 1863 ging die Regierung noch einen Schritt weiter; sie schlug eine Revision der gemeinsamen Verfassung des Jahres 1855 dahingehend vor, daß diese zu einem für die beiden Gebiete Dänemark und Schleswig passenden Rahmen werden würde. Technisch gesehen handelte es sich nicht um eine Eingliederung Schleswigs in Dänemark. Es ließ sich aber nicht hinwegdeuten, daß die Maßnahme ein Schritt in dieser Richtung war.

Anmerkungen
Sichter


[6.] Analyse:Fwp/Fragment 200 01 - Diskussion
Zuletzt bearbeitet: 2013-06-16 16:28:53 WiseWoman
Fink 1968, Fragment, Fwp, SMWFragment, Schutzlevel, Verschleierung, ZuSichten

Typus
Verschleierung
Bearbeiter
Klgn
Gesichtet
No
Untersuchte Arbeit:
Seite: 200, Zeilen: 1-
Quelle: Fink 1968
Seite(n): 16, Zeilen: S. 16; S. 40; S. 41
Diese sehr gewagte Politik ließ die dänischen Politiker hoffen, daß die ganze Frage, wie immer sich die Dinge entwickeln würden, früher oder später Gegenstand einer internationalen Konferenz sein werde, auf der Dänemark den deutschen Staaten nicht allein gegenüberstünde. Was man freilich weder vorausgesehen hat noch voraussehen konnte, waren die geschickten politischen Schachzüge Bismarcks und die Tatsache, daß die Beziehungen zwischen Frankreich und England in diesem Augenblick besonders gespannt waren. England wäre bereit gewesen, Dänemark zu helfen, wenn Frankreich sich angeschlossen hätte, und ein gemeinsames Auftreten beider Mächte hätte zu diesem Zeitpunkt auf Bismarck seinen Eindruck sicher nicht verfehlt. Die beiden Staaten konnten sich aber nicht einigen, und vor allem Frankreichs Staatsmännern mangelte die Erkenntnis, daß das Spiel, welches Bismarck jetzt begann, auch ernste Folgen für Frankreichs Stellung in Europa nach sich ziehen könne.

Als die dänische Krise sich zuspitzte, war Bismarck unter den europäischen Politikern unbekannt. Man sah höchstens in ihm einen reaktionären preußischen Junker, der in einer für den preußischen König kritischen Lage die Zügel ergriffen hatte und Preußen in einen offenen Konflikt mit dem Landesparlament und der öffentlichen Meinung brachte. Die in Preußen bestehende innere Spannung und den zwischen den Mächten wachsenden Konflikt um die Reform der Bundesinstitutionen wertete man in Dänemark als ein Zeichen der Schwäche. Niemand ahnte die bedeutenden staatsmännischen Fähigkeiten Bismarcks, weder in Dänemark noch in anderen Ländern.

Als sich der Konflikt in Preußen im Laufe des Jahres 1862 verschärfte, hätte der König kaum einen anderen Politiker finden können, der besser als Otto von Bismarck der Situation gewachsen gewesen wäre. Bismarck war selbst der Ansicht, daß eine zweijährige Wehrdienstzeit eigentlich genug sei, doch beugte er sich dem Willen des Königs und anerkannte auch dessen Befugnis, unmittelbar über das Heer zu verfügen.

Dadurch gewann er die Möglichkeit, als preußischer Ministerpräsident die deutsche Politik nach seinen Vorstellungen zu führen. Ähnlich wie der dänische Gesamtstaat sich selbst überlebt hatte, gehörte auch der Deutsche Bund einer vergangenen Epoche an. Die Aufteilung Deutschlands in 39 einzelne Staatsgebilde wurde von vielen Deutschen als unerträglich empfunden.

Bismarcks Politik erstrebte in einer ersten Runde die Gleichberechtigung Preußens mit Österreich und Preußens Oberherrschaft im nördlichen Teil Deutschlands. Österreich wollte sich hingegen nicht mit einer auf Süddeutschland eingeschränkten Führungsrolle begnügen, sondern wünschte vielmehr eine Reform des Deutschen Bundes, um seine leitende Stellung im Bunde zu bewahren und weiter auszubauen.

Dieser Konflikt nun war in vollem Gange, als der Dänenkönig Friedrich VII. starb; die direkte Auseinandersetzung wurde indessen aufge-[schoben, da die Novemberverfassung den deutschen Mächten die Möglichkeit gab, in der dänischen Frage aktiv zu werden.]

Nun, hinterher kann man leicht erkennen, daß dies eine sehr kühne Politik war; aber die dänischen Politiker konnten damit rechnen, daß die ganze Frage, wie immer die Dinge sich entwickeln würden, doch früher oder später mit einer internationalen Konferenz enden würden, auf der Dänemark den deutschen Staaten nicht allein gegenüberstehen würde. Was man weder vorausgesehen hat noch voraussehen konnte, war erstens das blendende politische Spiel Bismarcks und zweitens die Tatsache, daß Frankreich und England sich gerade in diesem Augenblick besonders gereizt gegenüberstanden. England wäre bereit gewesen, Dänemark zu helfen, wenn Frankreich mitgemacht hätte, und ein gemeinsames Auftreten beider Mächte würde zu dieser Zeit selbst auf Bismarck einen starken Eindruck gemacht haben, aber die beiden Staaten konnten sich nicht einigen. Für Frankreich schicksalhaft wurde dabei die mangelnde Erkenntnis seiner leitenden Staatsmänner, daß das Spiel, welches Bismarck jetzt begann, auch ernste Folgen für Frankreichs Stellung in Europa nach sich ziehen könne. [...]

[S. 40]

Als die dänische Krise sich zuspitzte, war Bismarck noch jung und unter den europäischen Politikern unbekannt. Man sah gemeinhin in ihm einen Reaktionär, einen preußischen Junker, der in einer für den preußischen König kritischen Lage die Zügel ergriffen hatte und jetzt Preußen im offenen Konflikt mit dem Parlament des Landes und mit der öffentlichen Meinung leitete. Die in Preußen bestehende innere Spannung und den zwischen den deutschen Mächten wachsenden Konflikt wegen der Reform der Bundesinstitutionen sah man in Dänemark als ein Zeichen der Schwäche an. Niemand ahnte, welche bedeutenden staatsmännischen Fähigkeiten Bismarck besaß; das tat man weder in Dänemark noch in anderen Ländern. [...]

[S. 41]

Der Konflikt verschärfte sich im Laufe des Jahres 1862. Der König konnte keinen anderen Politiker von Bedeutung als Otto von Bismarck finden, der den Druck der Lage zu ertragen vermochte. Bismarck war selbst der Ansicht, daß eine zweijährige Dienstzeit eigentlich genug sei, aber hinsichtlich der Dienstzeit beugte er sich dem Willen des Königs und anerkannte auch dessen Befugnis, unmittelbar über das Heer zu verfügen. Dadurch gewann er die Möglichkeit, als preußischer Ministerpräsident die von ihm gewünschte deutsche Politik durchzuführen. Das brennende Problem für das deutsche Volk war, den politischen Rahmen neu zu organisieren. So wie der dänische Gesamtstaat sich selbst überlebt hatte, gehörte auch der Deutsche Bund einer entschwundenen Zeitepoche an. Die Aufteilung Deutschlands in 39 einzelne Staatsgebilde wurde von vielen Deutschen als unerträglich empfunden.

Bismarck wünschte in der ersten Runde die Gleichberechtigung Preußens mit Österreich zu erreichen und darüber hinaus, daß Preußen faktisch die Oberherrschaft im nördlichen Teil Deutschlands erhalte. Österreich wollte sich nicht mit der führenden Stellung in Süddeutschland begnügen. Es wollte eine Reform des Deutschen Bundes als solchen, wünschte dabei aber, seine leitende Stellung im Bunde zu wahren und weiter aus-zubauen. Dieser Konflikt war im vollen Gang, als Friedrich VII. starb; er wurde indessen aufgeschoben, als die Novemberverfassung den deutschen Mächten die Möglichkeit gab, Dänemark gegenüber einzugreifen.

Anmerkungen
Sichter


[7.] Analyse:Fwp/Fragment 201 01 - Diskussion
Zuletzt bearbeitet: 2013-06-16 16:29:21 WiseWoman
Fink 1968, Fragment, Fwp, SMWFragment, Schutzlevel, Verschleierung, ZuSichten

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Klgn
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Seite: 201, Zeilen: 1-
Quelle: Fink 1968
Seite(n): 42, Zeilen: S. 41; S. 42: 1-; S. 43: 1-9
[Dieser Konflikt nun war in vollem Gange, als der Dänenkönig Friedrich VII. starb; die direkte Auseinandersetzung wurde indessen aufge-]schoben, da die Novemberverfassung den deutschen Mächten die Möglichkeit gab, in der dänischen Frage aktiv zu werden.

Die beiden deutschen Rivalen fanden sich plötzlich in einer Front gegen Dänemark, gegen die Volksmeinung in Deutschland, gegen die Augustenburger und gegen die deutschen Kleinstaaten, welche die Augustenburger unterstützten. Während die Fronten in Deutschland bis dahin durch den Gegensatz zwischen Preußen und Österreich bestimmt waren, wurden sie nun neu abgesteckt durch den Gegensatz zwischen den beiden deutschen Großmächten auf der einen Seite und den von der öffentlichen Meinung favorisierten Kleinstaaten auf der anderen.

Bismarcks Plan und Taktik mußte nun einmal die europäischen Mächte in dieser Frage beruhigen, zum anderen Österreich dazu verlocken, mit Preußen gemeinsame Sache zu machen. Hätten die Regierungen in Wien und Berlin sich der Meinung des deutschen Volkes gebeugt, das einen Augustenburger an der Spitze der beiden Herzogtümer sehen wollte, so hätten sie Frankreich, England und Rußland dazu gezwungen, für Dänemark Partei zu ergreifen.

Preußens und Österreichs Politik ging nachweislich darauf aus, an den Abmachungen des Jahres 1852 festzuhalten und die Einheit der dänischen Monarchie zu bewahren. Der ausschlaggebende Unterschied zwischen den Auffassungen Preußens und Österreichs war allerdings der, daß Österreich tatsächlich den Gesamtstaat erhalten wollte, während dieses Ziel für Bismarck mehr ein Vorwand war, Österreich zu gemeinsamen Schritten zu ermuntern, die ursprünglich nicht in dessen Absichten gelegen hatten.

Bismarck kannte die verwickelte schleswig-holsteinische Frage sehr genau und schätzte auch die Interessen der europäischen Mächte in diesem Punkte richtig ein. Als Gesandter im Bundestag hatte er sich in der dänischen Frage sehr zurückgehalten, einfach deshalb, weil die europäische Machtkonstellation für die preußische Expansionspolitik, wie er sie wünschte, nicht günstig war. Diese Zurückhaltung hatte in Dänemark zu der Ansicht geführt, Bismarck sei ein gemäßigter Mann; dies war er freilich nur bis zu dem Augenblick, wo er die Chance gekommen sah, die Herzogtümer für Preußen zu erobern. Es gibt keinen Zweifel, daß eben dies sein Ziel war, doch hätte er sich eventuell auch mit einem geringeren Erfolg zufrieden gegeben, mit einer Personalunion zwischen Dänemark und einem vereinigten Schleswig-Holstein oder mit einer Ordnung, die den Augustenburger Herzog einbezog. Man kann jedoch sicher sein, daß in einem solchen Fall von ihm die schwierigsten und in höchstem Maße verwickelten Bedingungen in die Vereinbarungen eingebaut worden wären, die es gestattet hätten, das Problem zu jeder gewünschten Zeit von neuem akut werden zu lassen.

Sein Vorgehen muß in erster Linie als Versuch gewertet werden, die beiden Herzogtümer Preußen einzuverleiben. Diese machtpolitische Än-[derung der staatsrechtlichen Stellung beider Herzogtümer konnte dazu dienen, das Deutschland-Problem im Sinne Bismarcks oder Preußens zu lösen, andererseits muß in diesem Zusammenhang vermerkt werden, daß Bismarck zu jener Zeit wahrscheinlich noch bereit gewesen wäre, sich auf einen Kompromiß mit Österreich einzulassen.]

Dieser Konflikt war im vollen Gang, als Friedrich VII. starb; er wurde indessen aufgeschoben, als die Novemberverfassung den deutschen Mächten die Möglichkeit gab, Dänemark gegenüber einzugreifen. Die beiden deutschen Rivalen standen plötzlich zusammen in einer Front

[S. 42]

gegenüber Dänemark, gegen die Volksmeinung in Deutschland, gegen die Augustenburger und gegen die deutschen Kleinstaaten, welche die Augustenburger unterstützten. Während die Fronten in Deutschland bis dahin durch den Gegensatz zwischen Preußen und Österreich bestimmt waren, wurden sie nun neu abgesteckt durch den Gegensatz zwischen den beiden deutschen Großmächten auf der einen Seite - und den durch die öffentliche Meinung gestützten Kleinstaaten auf der anderen Seite. Bismarck hatte in klug ausgetüftelter Weise eine Linie festgelegt, bei der die anderen europäischen Mächte sich beruhigten, und die Österreich dazu verlockte, mit Preußen gemeinsame Sache zu machen. Hätten die Regierungen in Berlin und in Wien sich der Meinung des deutschen Volkes gebeugt, die einen Augustenburger an der Spitze der beiden Herzogtümer sehen wollte, so hätten sie Frankreich, England und Rußland geradezu aufgefordert, ihr Pfund in die Waagschale Dänemarks zu legen. Preußens und Österreichs Politik, so wie sie von den beiden Staaten formuliert wurde, ging wie erwiesen darauf aus, an den Abmachungen des Jahres 1852 festzuhalten und die Einheit der dänischen Monarchie zu wahren. Der ausschlaggebende Unterschied zwischen den Auffassungen Preußens und Österreichs war nur, daß die Österreicher aufrichtig den Wunsch hatten, den Gesamtstaat zu erhalten, während dies für Bismarck nur ein Vorwand war. Er hatte keineswegs die Absicht, die im Jahre 1852 beschlossene Ordnung zu bewahren. Seine große Staatskunst im Jahre 1864 bestand darin, Österreich zu gemeinsamen Schritten zu verlocken, die mitzumachen ursprünglich schlechterdings nicht in dessen Absicht gelegen hatte.

Bismarck kannte die verwickelte schleswig-holsteinische Frage in- und auswendig und schätzte auch die Interessen der europäischen Mächte an ihr richtig ein. Er war in den 1850er Jahren Preußens Gesandter im Bundestage gewesen. Er hatte sich gegenüber der dänischen Frage sehr zurückgehalten, einfach deshalb, weil die europäische Machtkonstellation für eine preußische Expansionspolitik, wie er sie wünschte, nicht günstig war. Diese Zurückhaltung hatte in Dänemark zur Ansicht geführt, Bismarck sei ein gemäßigter Mann. Das aber war er nur bis zu dem Augenblick, wo die Chance, die Herzogtümer für Preußen zu erobern, gekommen war. Es gibt keinen Zweifel, daß dies sein Ziel war, doch hätte er sich auch mit einem geringeren Erfolg zufrieden gegeben, zum Beispiel mit einer Personalunion zwischen Dänemark und einem vereinigten Schleswig-Holstein oder mit einer Ordnung, die den Augustenburger Herzog einbezog. Man kann aber sicher sein, daß in diesem Falle von ihm die schwierigsten und im höchsten Maße verwickelten Bedingungen in die Vereinbarungen eingebaut worden wären, die es ge-

[S. 43]

stattet hätten, das Problem zu jeder gewünschten Zeit von neuem akut zu machen. Sein Vorgehen muß zu allererst im Lichte des Wunsches gesehen werden, die beiden Herzogtümer Preußen einzuverleiben. Er führte, wenn man die Dinge so betrachtet, die reinste Machtpolitik. Änderungen in der staatsrechtlichen Stellung der Herzogtümer konnten für weitere Schritte benutzt werden, um das Deutschland-Problem im Sinne Bismarcks oder Preußens zu lösen. Indessen kann man hier nicht verschweigen, daß Bismarck zu jener Zeit noch bereit gewesen wäre, sich auf einen Kompromiß mit Österreich einzulassen.

Anmerkungen
Sichter


[8.] Analyse:Fwp/Fragment 202 01 - Diskussion
Zuletzt bearbeitet: 2013-06-16 16:29:54 WiseWoman
Fink 1968, Fragment, Fwp, SMWFragment, Schutzlevel, Verschleierung, ZuSichten

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Klgn
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Seite: 202, Zeilen: 1-
Quelle: Fink 1968
Seite(n): 43, Zeilen: S. 43: 4-; S. 44: 1-12
Diese machtpolitische Än-[derung der staatsrechtlichen Stellung beider Herzogtümer konnte dazu dienen, das Deutschland-Problem im Sinne Bismarcks oder Preußens zu lösen, andererseits muß in diesem Zusammenhang vermerkt werden, daß Bismarck zu jener Zeit wahrscheinlich noch bereit gewesen wäre, sich auf einen Kompromiß mit Österreich einzulassen.]

Die Gegensätze zu den kleineren deutschen Staaten erlaubten Preußen und Österreich im Januar des Jahres 1864, den Deutschen Bund völlig aus dem Spiel zu lassen. Dies gab Bismarck freie Hand gegenüber Frankreich und England. Darüber hinaus betonte er, sich an die vertragsmäßig anerkannte Grundlage halten zu wollen, denn er hatte klar erkannt, daß Frankreich mit England nicht gemeinsame Sache machen werde. Durch eine Reihe von Jahren hatten Frankreich und England gemeinsam zu handeln vermocht. Jetzt löste sich diese Partnerschaft. England wurde isoliert und strebte später selbst die »splendid isolation« an, während Napoleon III. hoffte, aus der Politik, die Preußen gestattete, in Deutschland Gewinne zu erzielen, ebenfalls den einen oder anderen Vorteil sich einzuhandeln.

Die Lage änderte sich schlagartig, als am 16. Januar 1864 Preußen und Österreich in einem Ultimatum die Aufhebung der Novemberverfassung binnen 48 Stunden verlangten. Geschehe dies nicht, so würden beide Mächte Schleswig besetzen. Trotz starker Bedenken der englischen Minister blieben die Meinungen innerhalb des Kabinetts jedoch geteilt. Die führenden Politiker Palmerston und Russel beabsichtigten einzugreifen, wenn auch Frankreich sich beteiligt hätte. Der Widerstand des Kabinetts erhielt energische Unterstützung durch Königin Victoria, die in diesem Konflikt mehr der deutschen Seite zuneigte.

Jedermann war einsichtig, daß die Verfassung vom 18. November 1863 nicht innerhalb von 48 Stunden aufgehoben werden konnte, wenn die Regierung nicht zu einem Staatsstreich bereit war. Hätte sie jedoch versucht, diesen Ausweg zu wählen, würde Bismarck angedroht haben, Schleswig als Pfand dafür zu besetzen, daß Dänemark seine Zusage von 1851/52, die Gleichstellung aller Reichsteile innerhalb der dänischen Monarchie zu gewährleisten, erfüllte. Der Krieg ließ sich offenbar durch keine dänische Maßnahme vermeiden. Der dänische Staatsminister Monrad machte jedoch unter hartem englischen Druck ein Zugeständnis. Er erklärte, die dänische Regierung sei gewillt, den Versuch zu machen, die Aufhebung der Verfassung vom 18. November 1863 auf gesetzmäßigem Wege tatsächlich herbeizuführen.

Diese Erklärung hatte das Ziel, Zeit zu gewinnen. Sie schwächte auch den Vorwand Bismarcks für einen Krieg, während England den Versuch unternehmen konnte, Preußen auf diplomatischem Wege zu beeinflussen; Bismarck hingegen wollte den Krieg, war jedoch bemüht, die Großmächte davon zu überzeugen, daß er die Aufrechterhaltung der dä-[nischen Monarchie beabsichtige.]

Änderungen in der staatsrechtlichen Stellung der Herzogtümer konnten für weitere Schritte benutzt werden, um das Deutschland-Problem im Sinne Bismarcks oder Preußens zu lösen. Indessen kann man hier nicht verschweigen, daß Bismarck zu jener Zeit noch bereit gewesen wäre, sich auf einen Kompromiß mit Österreich einzulassen.

Die Gegensätze zu den kleineren deutschen Staaten führten dazu, daß Preußen und Österreich im Januar des Jahres 1864 diese und den Deutschen Bund völlig aus dem Spiel setzten. Indem Bismarck so den Kleinstaaten und der deutschen Volksstimmung entgegentrat, bekam er leichteres Spiel gegenüber Frankreich und England. Darüber hinaus betonte er, daß er sich an die vertragsmäßig anerkannte Grundlage halte. Er hatte klar erkannt, daß Frankreich nicht mit England gemeinsame Sache machen werde. Durch eine Reihe von Jahren hatten England und Frankreich gemeinsam zu handeln vermocht, jetzt löste sich die Zusammenarbeit auf. England wurde isoliert und strebte später selbst die „splendid isolation“ an. Der französische Kaiser, Napoleon III., hoffte, sich vermittels einer Politik, die Preußen gestattete, in Deutschland Gewinne einzustecken, den einen oder anderen Vorteil einzuhandeln.

In den ersten Wochen des Jahres 1864 konnte man in Dänemark zwischen Hoffen und Bangen schweben. Aber am 16. Januar 1864 verlangten Preußen und Österreich in einem Ultimatum die Aufhebung der Novemberverfassung binnen 48 Stunden. Anderenfalls würden die beiden Mächte Schleswig besetzen. Jetzt stiegen den englischen Ministern immerhin Bedenken auf, aber die Meinungen innerhalb des Kabinetts waren geteilt. Die führenden Politiker, Palmerston und Russell, hätten wohl eingreifen wollen, wenn sich auch Frankreich beteiligt hätte, aber im Kabinett erhob sich auch Widerstand gegen ein aktives Eingreifen, und dieser Widerstand erhielt energische Unterstützung durch die Königin Viktoria, die den Konflikt in den Herzogtümern mit deutschen Augen ansah. Jedermann konnte einsehen, daß die Verfassung vom 18. November 1863 nicht innerhalb von 48 Stunden aufgehoben werden konnte, wenn die Regierung nicht zu einem Staatsstreich bereit war. Das war sie auch nicht; hätte sie aber versucht, diesen Ausweg zu wählen, hielt Bismarck die Forderung bereit, Schleswig als Pfand dafür zu besetzen, daß Dänemark willens sei, jene Zusage von 1851/52 betreffend der Gleichstellung aller Reichsteile innerhalb der dänischen Monarchie zu erfüllen. Der Krieg ließ sich durch keine dänischen Maßnahmen ver-

[S. 44]

meiden. Monrad machte aber unter hartem englischen Druck ein Zugeständnis; er erklärte, daß die dänische Regierung gewillt sei, den Versuch zu machen, die Aufhebung der Verfassung vom 18. November 1863 auf gesetzmäßigem Wege herbeizuführen, und daß sie ihre Existenz als Regierung dafür einsetzen wolle, daß die Aufhebung auch wirklich geschehe. Das Ziel dieser Erklärung war, Zeit zu gewinnen. Sie bewirkte, daß der Vorwand Bismarcks für einen Krieg eine Abschwächung erfuhr. England versuchte, die Möglichkeit, die sich hier bot, diplomatisch auszunutzen; aber Bismarck wollte den Krieg. Er war darauf aus, die anderen Großmächte in jeder Weise zu beruhigen, so daß diese die Überzeugung gewannen, Bismarck wünsche die Aufrechterhaltung der dänischen Monarchie.

Anmerkungen
Sichter


[9.] Analyse:Fwp/Fragment 203 01 - Diskussion
Zuletzt bearbeitet: 2013-06-16 16:30:38 WiseWoman
Fink 1968, Fragment, Fwp, SMWFragment, Schutzlevel, Verschleierung, ZuSichten

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Klgn
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Untersuchte Arbeit:
Seite: 203, Zeilen: 1-
Quelle: Fink 1968
Seite(n): 44, Zeilen: S. 44; S. 45; S. 46
[Bismarck hingegen wollte den Krieg, war jedoch bemüht, die Großmächte davon zu überzeugen, daß er die Aufrechterhaltung der dä-]nischen Monarchie beabsichtige. So sagte er zu, daß ohne das Mitwirken jener Mächte, die das Londoner Abkommen 1852 unterschrieben hatten — also England, Frankreich, Rußland und das Doppelreich Schweden-Norwegen —, keine endgültige Regelung der dänisch-deutschen Streitfrage vorgenommen werden würde. Als der entscheidende Schritt getan wurde, bedeutete dies einen Wendepunkt in der europäischen Geschichte. Hier hätte Bismarck noch mit geringen Mitteln von den europäischen Mächten zur Änderung seiner Politik gebracht werden können, doch er verstand es, sich als das geringere Übel gegenüber den nationalistischen Kräften darzustellen, die sonst in Deutschland an die Macht kommen und einen allgemeinen europäischen Krieg aller Wahrscheinlichkeit nach auslösen würden.

Andererseits boten die Alternativen, welche die Großmächte Dänemark vorzuschlagen hatten, keine Gewähr dafür, daß das dänische Volk ein erträgliches nationales Dasein werde führen können.

Den europäischen Staatsmännern schwebte als mögliche Lösung nur eine Personalunion vor Augen.

Von Anbeginn des Konfliktes war Bismarck bereit, mit den anderen Großmächten an einer europäischen Konferenz zur Lösung der Auseinandersetzung teilzunehmen; er ließ sich allerdings genügend Zeit, um vor Beginn der Verhandlungen einen militärischen Sieg zu erringen. Das Zögern der dänischen Regierung spielte dabei Bismarck in die Hände, obschon unter den jetzt herrschenden Umständen eine Konferenz Dänemark die einzige Chance auf eine Unterstützung durch andere Mächte bot.

Die Verhandlungen über eine Konferenz in London liefen im Frühjahr 1864 parallel mit den Kriegshandlungen. Beide Seiten strebten danach, noch vor Beginn der Gespräche eine militärisch günstige Position zu erringen. Die dänische Regierung wünschte Düppel, den letzten Stützpunkt auf dem schleswigschen Festland, zu behaupten. Preußen und Österreich hingegen wollten Düppel erobern, bevor man sich an den Verhandlungstisch in London setzte. Dies ist die Erklärung für die so überaus nachhaltige Verteidigung Düppels, selbst noch zu einer Zeit, in der der militärische Wert der Stellung bereits gering war, und der dänische kommandierende General die Räumung der Stellung beabsichtigte. Doch der Ausführung kam der Sturm auf die Festung am 18. April 1864 zuvor.

Dieser preußische Sieg war der erste militärische Triumph Bismarckscher Politik. Er stärkte seine Position gegenüber der immer noch höchst reservierten öffentlichen Meinung, und König Wilhelm von Preußen gab er ein vermehrtes Vertrauen, in Bismarck den richtigen Mann für die Führung der preußischen Politik gefunden zu haben.

Handelte im Jahre 1864 Bismarck noch ohne Unterstützung der öffentlichen Meinung, so ermöglichte ihm später sein auf Erfolge gegründetes Prestige, die öffentliche Meinung zu manipulieren. Der Politiker und [Redakteur Viggo Hörup hat viele Jahre später diese Wende mit den Worten charakterisiert:]

aber Bismarck wollte den Krieg. Er war darauf aus, die anderen Großmächte in jeder Weise zu beruhigen, so daß diese die Überzeugung gewannen, Bismarck wünsche die Aufrechterhaltung der dänischen Monarchie. Die wichtigste Zusage, die er gab, ging dahin, daß ohne das Mitwirken jener Mächte, die das Londoner Abkommen 1852 unterschrieben hatten, das heißt ohne England, Frankreich, Rußland und das Doppelreich Schweden-Norwegen keine endgültige Regelung der dänisch-­deutschen Streitfrage vorgenommen werden würde. Sein Kriegsvorwand war fadenscheinig; seine Nervosität war erheblich, als der entscheidende Schritt getan wurde. Er bedeutete einen Wendepunkt in der europäischen Geschichte. Hier hätte Bismarck noch mit geringen Mitteln von den anderen europäischen Mächten zum Einhalten gebracht werden können, er verstand es aber, sich selbst als das geringere Übel gegenüber den nationalistischen Kräften darzustellen, die sonst in Deutschland zum Ausbruch kommen würden, und die einen allgemeinen europäischen Krieg aller Wahrscheinlichkeit nach auslösen würden. Andererseits muß man anerkennen, daß die anderen Möglichkeiten, welche bei der gegebenen Lage Dänemarks von den Großmächten an die Hand gegeben waren, keine Aussicht dafür gaben, daß das dänische Volk ein erträgliches nationales Dasein werde führen können. Den europäischen Staatsmännern schwebte als mögliche Lösung eine Personalunion vor Augen.

[S. 45]

Bismarck war von Anbeginn an darauf eingestellt, mit den anderen Großmächten an einer europäischen Konferenz zur Lösung des Konfliktes teilzunehmen; aber er hatte genügend Zeit. Er wollte gern vor dem Beginn der Konferenz einen militärischen Sieg sehen. Die dänische Regierung behandelte die Angelegenheit gleichfalls zögernd. Auf diese Weise spielte sie Bismarcks Spiel, obschon unter den jetzt gegebenen Umständen für Dänemark eine Konferenz die einzige Chance auf eine Unterstützung durch andere Mächte enthielt.

Die Verhandlungen über eine in London abzuhaltende Konferenz liefen im Frühjahr 1864 parallel mit den Kriegshandlungen. Von beiden Seiten sah man es als wichtig an, bei Beginn der Verhandlungen in militärischer Hinsicht in möglichst günstiger Position zu sein. Die dänische Regierung wünschte Düppel behauptet zu haben, den letzten Haltepunkt

[S. 46]

auf dem schleswigschen Festlande. Preußen und die Österreicher wünschten dagegen, Düppel erobert zu haben, bevor man sich an den Verhand­lungstisch in London setzte. Dies ist die Erklärung für die so überaus nachhaltige Verteidigung Düppels, selbst noch zu einer Zeit, in der der militärische Wert der Stellung untergraben war und der dänische kommandierende General die Räumung der Stellung wünschte. Dieser kam der Sturm auf die Festung am 18. April zuvor.

Dieser preußische Sieg war der erste große militärische Triumph, den Bismarck auf der Einnahmenseite seiner Politik verbuchen konnte. Er stärkte seine Stellung gegenüber der immer noch reservierten öffentlichen Meinung, und König Wilhelm von Preußen gab er ein vermehrtes Vertrauen darauf, daß Bismarck der richtige Mann für die Führung der preußischen Politik sei.

Im Jahre 1864 bot Bismarck der öffentlichen Meinung in Deutschland die Stirn, während er später, als sein Prestige fest auf seinen Erfolgen gegründet war, erstaunlich viele Möglichkeiten hatte, mit der öffentlichen Meinung umzugehen. Der Politiker und Redakteur Viggo Hörup hat viele Jahre später diese Wende mit folgenden Worten charakterisiert:

Anmerkungen
Sichter


[10.] Analyse:Fwp/Fragment 204 01 - Diskussion
Zuletzt bearbeitet: 2013-06-16 16:30:52 WiseWoman
BauernOpfer, Fink 1968, Fragment, Fwp, SMWFragment, Schutzlevel, ZuSichten

Typus
BauernOpfer
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Klgn
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No
Untersuchte Arbeit:
Seite: 204, Zeilen: 1-
Quelle: Fink 1968
Seite(n): 46, Zeilen: S. 46; S. 17; S. 18; S. 68
[Der Politiker und] Redakteur Viggo Hörup hat viele Jahre später diese Wende mit den Worten charakterisiert: »Es glückte dem Fürsten Bismarck, die öffentliche Meinung auf dem einzig sicheren Weg zu vernichten, auf dem sich so etwas machen läßt; indem er nämlich eine neue öffentliche Meinung ins Leben rief. Anstelle der bürgerlichen Denkweise gab er seinen Landsleuten den Militarismus, anstelle der Freiheit gab er ihnen die Größe des Staates, anstelle des Rechtes, ihre Angelegenheiten selbst wahrzunehmen, die Pünktlichkeit und Ordnung der staatlichen Verwaltung. Die unversöhnliche Opposition sickerte durch die verschiedenen Schichten der Gesellschaft in die Tiefe und faßte erst in den breiten Massen der Arbeiter wieder Fuß. Der Mittelstand ließ sich ebensosehr ziehen wie scheuchen unter die schirmenden Flügel des Militarismus. Der Liberalismus und die Demokratie trennten sich 3.« Dieser Prozeß begann seine Entwicklung in Deutschland, und der Krieg des Jahres 1864 war ein Wendepunkt in der dänischen, in der deutschen und in der europäischen Geschichte.

Die vorbereitenden Gespräche für die Einberufung einer internationalen Konferenz zogen sich jedoch bis ins Frühjahr 1864 hin. Erst Mitte Mai 1864 begannen die Verhandlungen in London und damit die eigentliche Tragödie. Man kann die dänische Regierung wegen ihrer überaus kühnen Politik im Jahre 1863 kritisieren, doch schloß auch die internationale Lage einen Vorteil Dänemarks nicht aus. Bei Beginn der Konferenz stand allerdings bereits fest, daß eine Waffenhilfe von außen nicht zu erwarten war. Dänemark war vielmehr darauf angewiesen, für eine tragbare Lösung die diplomatische Hilfe der nichtdeutschen Großmächte zu gewinnen. Die einzig noch verbleibende Möglichkeit bestand in einer Teilung Schleswigs. König Christian IX. hoffte indessen, die Monarchie dadurch zu retten, daß er sich auf eine Personalunion zwischen dem Königreich einerseits und den eng miteinander verbundenen beiden Herzogtümern auf der anderen Seite einließ. Als es schließlich zu den entscheidenden Verhandlungen kam, blieb der dänischen Staatsführung, sowohl der Delegation in London unter Führung des Juristen A. F. Krieger, als auch dem Regierungschef in Kopenhagen, Bischof D. G. Monrad, und König Christian IX. jegliches Glück versagt. Der Krieg wurde fortgesetzt. Als Alsen verlorenging, brach der Widerstandswille zusammen. Die neue Regierung bat um Frieden, dessen Bedingungen hart und bitter waren. Ganz Schleswig, auch der dänisch gesinnte Teil, mußte an die beiden Sieger abgetreten werden.

Die dänischen Nordschleswiger protestierten auf verschiedenen Wegen gegen die Abtrennung von Dänemark im Jahre 1864, und zwei Jahre später schien die Lage tatsächlich günstiger. Als Österreich durch den kurzen Krieg im Sommer 1866 aus dem Deutschen Bund hinausgedrängt wurde, verzichtete der österreichische Kaiser im Frieden von Prag (23. 8. 1866) auf seinen Teil an den beiden Herzogtümern, aber gleichzeitig wurde in Artikel 5 dieses Vertrages vorgesehen, daß, wenn »die Bevölkerung der [nördlichen Distrikte von Schleswig durch freie Abstimmung den Wunsch zu erkennen gibt, mit Dänemark vereinigt zu werden, diese an Dänemark abgetreten werden sollen«.]


[S. 249]

3 Troels Fink, a. a. O.

Der Politiker und Redakteur Viggo Hörup hat viele Jahre später diese Wende mit folgenden Worten charakterisiert:

„Es glückte dem Fürsten Bismarck, die öffentliche Meinung auf dem einzigen sicheren Wege zu vernichten, auf dem sich so etwas machen läßt: indem er nämlich eine neue öffentliche Meinung ins Leben rief. Anstelle der bürgerlichen Denkweise gab er seinen Landsleuten den Militarismus, anstelle der Freiheit gab er ihnen die Größe des Staates, anstelle des Rechtes, ihre Angelegenheiten selbst wahrzunehmen - die Pünktlichkeit und Ordnung der staatlichen Verwaltung. Die unversöhnliche Opposition sickerte durch die verschiedenen Schichten der Gesellschaft in die Tiefe und faßte erst in den breiten Massen der Arbeiter wieder Fuß. Der Mittelstand ließ sich ebensosehr ziehen wie scheuchen unter die schirmenden Flügel des Militarismus. Der Liberalismus und die Demokratie trennten sich.“ Dieser Prozeß war es, der nun seine Entwicklung in Deutschland begann. Der Krieg des Jahres 1864 war ein Wendepunkt in der dänischen, in der deutschen und in der europäischen Geschichte.

Die vorbereitenden Gespräche über die Einberufung einer internationalen Konferenz zogen sich aber ins Frühjahr 1864 hin. Erst Mitte Mai 1864 begannen die sachlichen Verhandlungen in London. Hier hätte noch ein für Dänemark erträgliches Resultat erzielt werden können; aber die Chancen wurden verpaßt. […]

[S. 17]

Man einigte sich mit den Kriegführenden auf eine in London abzuhaltende Konferenz. Hier begann die eigentliche Tragödie. Man kann die dänische Regierung wegen ihrer überaus kühnen Politik im Jahre 1863 kritisieren. Immerhin gab es aber Momente in der internationalen Lage, die sich zum Vorteil Dänemarks hätten auswirken können. Bei Beginn der Konferenz mußte es jedoch ziemlich klar sein, daß eine Waffenhilfe von außen her nicht zu erwarten war. Man mußte versuchen, für eine tragbare Lösung die diplomatische Hilfe der nichtdeutschen Großmächte zu gewinnen. Die einzige noch übrige Möglichkeit bestand in einer Teilung Schleswigs. Der König aber hoffte die ganze Monarchie dadurch für sich zu retten, daß er sich auf eine Personalunion zwischen dem Königreich einerseits und den eng miteinander verbundenen beiden Herzogtümern auf der anderen Seite einließ. Als es zu den entscheidenden Verhandlungen kam, versagte die dänische Staatsführung auf der ganzen Linie, das heißt sowohl die Delegation in London, deren starker Mann der Jurist A. F. Krieger war, der Regierungschef in Kopenhagen, Bischof D. G. Monrad, und König

[S. 18]

Christian IX. Der Krieg wurde fortgesetzt. Als Alsen verlorenging, brach der Wille zum Widerstand zusammen. Eine neue Regierung bat um Frieden. Die Bedingungen waren hart und bitter. Ganz Schleswig, auch der dänischgesinnte Teil, mußte an die beiden Sieger abgetreten werden.

[S. 68]

Die dänischen Nordschleswiger protestierten auf vielen verschiedenen Wegen gegen die Abtrennung von Dänemark im Jahre 1864. 1866 schien für sie ein neuer Tag anzubrechen. Als Österreich durch den kurzen Krieg im Sommer 1866 aus dem Deutschen Bund herausgedrängt wurde, verzichtete der österreichische Kaiser im Frieden von Prag auf seinen Teil der beiden Herzogtümer, aber gleichzeitig wurde in § 5 bestimmt, daß wenn „die Bevölkerung der nördlichen Distrikte von Schleswig, durch freie Abstimmung den Wunsch zu erkennen gibt, mit Dänemark vereinigt zu werden, diese an Dänemark abgetreten werden sollen“.

Anmerkungen
Sichter


[11.] Analyse:Fwp/Fragment 205 01 - Diskussion
Zuletzt bearbeitet: 2013-06-16 16:31:37 WiseWoman
Fink 1968, Fragment, Fwp, SMWFragment, Schutzlevel, Verschleierung, ZuSichten

Typus
Verschleierung
Bearbeiter
Klgn
Gesichtet
No
Untersuchte Arbeit:
Seite: 205, Zeilen: 1-
Quelle: Fink 1968
Seite(n): 68, Zeilen: S. 68; S. 69; S. 70
[Als Österreich durch den kurzen Krieg im Sommer 1866 aus dem Deutschen Bund hinausgedrängt wurde, verzichtete der österreichische Kaiser im Frieden von Prag (23. 8. 1866) auf seinen Teil an den beiden Herzogtümern, aber gleichzeitig wurde in Artikel 5 dieses Vertrages vorgesehen, daß, wenn »die Bevölkerung der] nördlichen Distrikte von Schleswig durch freie Abstimmung den Wunsch zu erkennen gibt, mit Dänemark vereinigt zu werden, diese an Dänemark abgetreten werden sollen«.

Diese Klausel wurde dank der Initiative des französischen Kaisers Napoleon III. in den Friedensvertrag aufgenommen. Dadurch erhielten die dänischen Nordschleswiger eine besondere Stellung. Kein anderer vom Mutterland abgetrennter Volksteil konnte sich auf eine solche Bestimmung berufen. Bismarck hatte es jedoch nicht übermäßig eilig 4. Erst im Jahre 1867 wurde die dänische Regierung offiziell über Artikel 5 des Prager Friedens in Kenntnis gesetzt, und in den Jahren 1867 und 1868 verhandelten preußische und dänische Vertreter über die Bedingungen für eine Volksabstimmung. Von dänischer Seite war man sehr zurückhaltend, als von Bismarck die Forderung nach Garantien für die deutsche Minderheit erhoben wurde, da dies, wie schon vor 1864, einer deutschen Einmischung in innere Angelegenheiten Tür und Tor öffnen würde. Die Verhandlungen wurden allerdings nie formell abgebrochen, und die Bereitschaft Preußens oder des Norddeutschen Bundes zu weiteren Gesprächen hatte Dänemark stets eine völkerrechtliche Grundlage und die Hoffnung gegeben, einmal eine nationale Grenze zu gewinnen.

Als im Juni 1870 der Krieg zwischen Frankreich und Deutschland ausbrach, waren in Dänemark die verantwortlichen Politiker ernstlich versucht, die Neutralität zugunsten Frankreichs aufzugeben, um die Gelegenheit der Rückgewinnung Nordschleswigs wahrzunehmen. Unter den Ministern, die 1870 an der Macht waren, befanden sich einige Politiker, die 1863/64 entscheidenden Einfluß auf die dänische Politik gehabt hatten, wie etwa C. C. Hall, C. E. Fenger und A. F. Krieger. Im Falle eines französischen Sieges hätte nach ihrer Meinung Dänemark gute Chancen, Schleswig zurückzugewinnen. Dänemark gab daher im Juli 1870 eine höchst vage Neutralitätserklärung ab, in welcher die Möglichkeit für die Teilnahme an dem Krieg offengehalten wurde. Die französische Regierung schickte dann auch im August einen Sondergesandten, den Herzog von Cadore, nach Kopenhagen, der in der ersten Verhandlung am 5. August mit Nachdruck eine sofortige Allianzabsprache verlangte. Bei der nächsten Zusammenkunft am 7. August war der Ton schon wesentlich gemäßigter, da die Nachricht von den deutschen Siegen bei Wörth und Saarbrücken auch in Kopenhagen nicht ohne Eindruck geblieben war. Der Herzog von Cadore mußte bald unverrichteterdinge abreisen. Die schnellen und unerwarteten Siege der Deutschen hatten entscheidend Dänemarks Position verändert.

Bei Kriegsausbruch am 16. Juli hatte in Dänemark noch Hochstimmung geherrscht. Charakteristisch dafür ist die Aussage eines Teilnehmers am Treffen des Kopenhagener Studentenvereins, das in diesen Tagen nördlich von Kopenhagen stattfand: »Es lag Krieg in der Luft, wir fühl-[ten, daß das Wunderbare in unserer Nähe war. Auf einmal ward Totenstille, und dann ertönt die schicksalsschwere Nachricht »Frankreich hat Deutschland den Krieg erklärt«.]


[S. 249]

4 Vgl.: Fr. Hähnsen, Ursprung und Geschichte des Artikels 5 des Prager Friedens, 2 Bde., Breslau 1929; ferner: Platzhoff, Rheindorf, Tiedje, Bismarck und die nordschleswigsche Frage 1864-1879, Berlin 1925

Als Österreich durch den kurzen Krieg im Sommer 1866 aus dem Deutschen Bund herausgedrängt wurde, verzichtete der österreichische Kaiser im Frieden von Prag auf seinen Teil der beiden Herzogtümer, aber gleichzeitig wurde in § 5 bestimmt, daß wenn „die Bevölkerung der nördlichen Distrikte von Schleswig, durch freie Abstimmung den Wunsch zu erkennen gibt, mit Dänemark vereinigt zu werden, diese an Dänemark abgetreten werden sollen“. Diese Klausel wurde dank der Initiative des französischen Kaisers Napoleon III. in den Friedensvertrag aufgenommen. Dadurch erhielten die dänischen Nordschleswiger eine ganz besondere Stellung. Kein anderer vom Mutterland abgetrennter Volksteil konnte sich auf eine solche Bestimmung berufen. Aber Bismarck hatte es nicht eilig. Im Jahre 1867 wurde der dänischen Regierung offiziell von dem Artikel 5 des Prager Friedens Nachricht gegeben, und in den Jahren 1867 und 1868 verhandelten preußische und dänische Vertreter über die Bedingungen für eine Volksabstimmung. Von dänischer Seite war man sehr zurückhaltend, als die Forderung nach Garantien für die deutsche Minderheit von Bismarck erhoben wurde. Das würde einer deutschen Einmischung in innere Angelegenheiten wieder Tür und Tor öffnen, wie vor 1864. Die Verhandlungen wurden nie formell abgebrochen. Durch die Mitteilung an Dänemark, daß Preußen oder der norddeutsche Bund bereit war, hatte Dänemark aber eine völkerrechtliche Grundlage in dieser Angelegenheit erreicht, und die Hoffnung, einmal eine nationale Grenze zu gewinnen, hatte tiefe Wurzeln geschlagen. […]

[S. 69]

Als im Juni 1870 der Krieg ausbrach, waren in Dänemark die verantwortlichen Politiker ernstlich versucht, die Neutralität preiszugeben, um eine Chance für die Rückgewinnung Nordschleswigs durch Kriegsteilnahme an Frankreichs Seite wahrzunehmen. Unter den Ministern, die 1870 an der Macht waren, befanden sich einige der Politiker, die 1863 bis 1864 entscheidenden Einfluß auf die dänische Politik gehabt hatten, unter ihnen C. C. Hall, C. E. Fenger und A. F. Krieger. Im Falle eines französischen Sieges hätte nach ihrer Meinung Dänemark gute Chancen, Schleswig zurückzubekommen. Dänemark gab daher im Juli 1870 eine sehr vage gehaltene Neutralitätserklärung ab, in welcher ein Türspalt für Teilnahme an dem Krieg offen gehalten wurde, und die französische Regierung schickte im August einen Sondergesandten, den Herzog von Cadore, nach Kopenhagen. Die erste Verhandlung mit ihm fand am 5. August statt. Der Franzose saß auf hohem Rosse und verlangte sehr überlegen eine sofortige Allianzabsprache. Die nächste Zusammenkunft fand am 7. August statt. Da war der Ton niedergeschlagen. Die Nachricht von den deutschen Siegen bei Wörth und Saarbrükken war nach Kopenhagen gelangt. Der Herzog von Cadore reiste bald unverrichteter Dinge wieder nach Hause. Die schnell eingetroffenen deutschen Siege wurden entscheidend für Dänemarks Stellungnahme. Bei dem Kriegsausbruch am 16. Juli 1870 hatte in Dänemark Hochstimmung geherrscht. Der Kopenhagener Studentenverein hatte an diesem Tage ein Treffen in Klampenborg nördlich von Kopenhagen. Einer der Teilnehmer hat später die Situation mit folgenden Worten geschildert: „Es lag Krieg in der Luft, wir fühlten, daß das Wunderbare in unserer

[S. 70]

Nähe war. Auf einmal ward Totenstille, und dann ertönte die schicksalsschwere Nachricht „Frankreich hat Preußen den Krieg erklärt".

Anmerkungen
Sichter


[12.] Analyse:Fwp/Fragment 206 01 - Diskussion
Zuletzt bearbeitet: 2013-06-16 16:31:49 WiseWoman
BauernOpfer, Fink 1968, Fragment, Fwp, SMWFragment, Schutzlevel, ZuSichten

Typus
BauernOpfer
Bearbeiter
Klgn
Gesichtet
No
Untersuchte Arbeit:
Seite: 206, Zeilen: 1-19
Quelle: Fink 1968
Seite(n): 70, Zeilen: S. 70; S. 73
[»Es lag Krieg in der Luft, wir fühl-]ten, daß das Wunderbare in unserer Nähe war. Auf einmal ward Totenstille, und dann ertönt die schicksalsschwere Nachricht »Frankreich hat Deutschland den Krieg erklärt«. Es ist unmöglich, diesen Jubel, diese nicht endenwollenden Hurra-Rufe, all diese jungen Gesichter mit glühenden Wangen und leuchtenden Augen zu schildern; alte Männer und junge Burschen weinten vor Begeisterung. Wildfremde umarmten einander, und alte Freunde drückten sich schweigend die Hände 5

Mit den deutschen Siegen schwand die Hoffnung auf Genugtuung für den Verlust von 1864. Das neue von Bismarck geschaffene Kaiserreich war Europas stärkste Militärmacht geworden. Die Erwartung, durch Erfüllung des Artikel 5 des Prager Friedens Nordschleswig zurückzugewinnen, war ebenfalls nicht mehr so zuversichtlich. Der deutsche Schatten legte sich über Dänemark, und die Furcht wuchs, Bismarck würde seinen Siegeszug mit der Eroberung ganz Dänemarks fortsetzen. Die Angst vor Deutschland, ein fester Bestandteil der dänischen Außenpolitik seit 1864, wurde 1871 beträchtlich verstärkt. Vor diesem Hintergrund ist die dänische Neutralitätspolitik zu sehen, die einerseits durch das ungelöste Nordschleswig-Problem und zum anderen von der Angst vor dem übermächtigen deutschen Nachbarn bestimmt wurde.


[S. 249]

5 zitiert nach Troels Fink, a. a. O.

„Es lag Krieg in der Luft, wir fühlten, daß das Wunderbare in unserer

[S. 70]

Nähe war. Auf einmal ward Totenstille, und dann ertönte die schicksalsschwere Nachricht „Frankreich hat Preußen den Krieg erklärt“. Es ist unmöglich, diesen Jubel, diese nicht endenwollenden Hurra-Rufe, all diese jungen Gesichter mit glühenden Wangen und leuchtenden Augen zu schildern, alte Männer und junge Burschen weinten vor Begeisterung, Wildfremde umarmten einander, und alte Freunde drückten einander schweigend die Hände.“ [...] Mit den deutschen Siegen schwand die Hoffnung auf Genugtuung für den Verlust von 1864. Die Stimmung wurde gedrückt und düster. Das neue von Bismarck geschaffene Kaiserreich wurde Europas stärkste Militärmacht. Die Erwartung, durch Erfüllung des § 5 des Prager Friedens Nordschleswig zurückbekommen, war nicht mehr so zuversichtlich. Der deutsche Schatten legte sich über Dänemark, und die Angst, daß Bismarck seine Siegesbahn mit der Eroberung ganz Dänemarks fortsetzen würde, machte sich mancherorts geltend. Die Angst vor Deutschland ist ein fester Zug in der dänischen Außenpolitik seit 1864, und sie wurde beträchtlich verstärkt seit 1871. [...]

[S. 73]

Wenn man die dänische Neutralitätspolitik verstehen will, muß man sie teils auf dem Hintergrund des ungelösten Nordschleswig-Problems sehen, und teils als durch die Angst vor dem übermächtigen deutschen Nachbarn bestimmt.

Anmerkungen
Sichter


[13.] Analyse:Fwp/Fragment 249 50 - Diskussion
Zuletzt bearbeitet: 2013-06-17 08:33:27 Klgn
Fink 1968, Fragment, Fwp, SMWFragment, Schutzlevel, Unfertig, Verschleierung

Typus
Verschleierung
Bearbeiter
Klgn
Gesichtet
No
Untersuchte Arbeit:
Seite: 249, Zeilen: 50-
Quelle: Fink 1968
Seite(n): 18, Zeilen: 10-
6 Die führende dänische Partei in den Jahren vor 1864 trug den Namen: »Die Nationalliberalen«. Es handelte

[rechte Spalte]

sich bei ihr nicht um eine fest organisierte Partei im modernen Sinne, sondern vielmehr um einen Kreis bedeutender Männer. Sie war eine bürgerliche Partei im Gegensatz zu den Großgrundbesitzern einerseits und den »Bauernfreunden« — den Vorgängern der späteren »Venstre«-Partei — andererseits.

Im Jahre 1849 hatten die Nationalliberalen mit den Bauernfreunden bei der Ausarbeitung der sehr freiheitlichen Juni-Verfassung für das Königreich Dänemark zusammengearbeitet;

Die führende dänische Partei in den Jahren vor 1864 trug den Namen: „Die Nationalliberalen“. Es handelte sich bei ihr nicht um eine fest organisierte Partei im modernen Sinne, sondern um einen Kreis bedeutender Männer, welcher die Blüte des dänischen Bürgertums repräsentierte. Sie war eine bürgerliche Partei im Gegensatz zu den Großgrundbesitzern einerseits und den „Bauern-Freunden“, den Vorgängern der späteren „Venstre“-Partei, andererseits. Im Jahre 1849 hatten die Nationalliberalen mit den Bauernfreunden bei der Ausarbeitung der sehr freiheitlichen Juni-Verfassung für das Königreich Dänemark zusammengearbeitet, [...]
Anmerkungen

Endnote 6 wird auf S. 250 f. (zweispaltig) fortgesetzt.

Sichter


[14.] Analyse:Fwp/Fragment 250 01 - Diskussion
Zuletzt bearbeitet: 2013-06-17 08:40:52 Klgn
BauernOpfer, Fink 1968, Fragment, Fwp, SMWFragment, Schutzlevel, Unfertig

Typus
BauernOpfer
Bearbeiter
Klgn
Gesichtet
No
Untersuchte Arbeit:
Seite: 250, Zeilen: 1-
Quelle: Fink 1968
Seite(n): 18, Zeilen: S. 18; S. 19; S. 20; S. 67
diese Juni-Verfassung galt nur für das Königreich Dänemark bis zur Königsau. Später jedoch war die Kluft zwischen den »Gebildeten« und den »Ungebildeten«, wie man sich ausdrückte, immer tiefer geworden. Für die »Nationalen« war es eine Enttäuschung gewesen, daß die breite Landbevölkerung einige der bedeutendsten Persönlichkeiten des Landes zugunsten einfacher Kleinbauern und Handwerker zurückgesetzt hatte. Diesen Hintergrund muß man beachten, wenn man richtig beurteilen will, was einer der führenden Nationalliberalen, der spätere Innenminister Orla Lehmann, im Jahre 1862 in einer die Verfassung betreffenden Erklärung zum Ausdruck brachte: »Als Dänemark sich im Jahre 1848 auf das kühne Wagnis einließ, dem ganzen Volk die Macht zu übertragen, geschah es nicht, um das Steuer des Staates in die Hände der unaufgeklärten einfachen Leute zu legen, noch weniger, um es einigen unnützen und schlauen Demagogen auszuliefern. Es sind die Begabten, die Gebildeten und die Begüterten, die in jeder zivilisierten staatlichen Gemeinschaft bei der Leitung der öffentlichen Angelegenheiten den Ausschlag geben. Alles, was das Prinzip der Gleichheit fordern und leisten kann, ist, es der einzelnen Begabung zu erleichtern, sich Bildung und Vermögen und damit Ansehen und Einfluß zu erwerben (zitiert nach Troels Fink, a. a. O.).«

Die Ernennung Orla Lehmanns zum Innenminister im Jahre 1861 war ein Zeugnis dafür, daß der politische Kurs auf eine ausgeprägte nationalliberale Richtung umgelegt wurde, eine Richtung, die den Eiderstandpunkt und den Skandinavismus eindeutiger betonte.

Den führenden Platz unter den Nationalliberalen nahm C. C. Hall ein. Er war, gleich Lehmann, Jurist, allerdings nicht so betont programmatisch. Er wußte dagegen besser die Menschen um sich zu sammeln und flößte größeres Vertrauen ein. Er hatte, als die Bewegung noch neu war, nicht so stark geglänzt wie etwa Lehmann und der Theologe D. G. Monrad; er hatte aber politisch fester Fuß fassen können als die beiden anderen. Im Jahre 1854 übernahm Hall zum erstenmal ein Ministerium. Im Jahre 1857 wurde er Ministerpräsident und Außenminister.

[rechte Spalte]

Er trug die politische Verantwortung für jene Politik, mit der die dänische Regierung unter dem Druck der deutschen Mächte von der Gesamtstaatspolitik zu einer getarnten Eiderpolitik überging. Hall war von Natur aus vorsichtig und wurde nahezu zu jener Politik gedrängt, die damit eingeleitet wurde, daß Holstein durch die Märzdeklaration des Jahres 1863 eine Sonderstellung in der Monarchie erhielt; als dieser Schritt jedoch getan war, führte Hall konsequent diese Politik weiter, die ihren stärksten Ausdruck in der sogenannten Novemberverfassung vom 18. 11. 1863 fand.

Neben Hall und Lehmann waren noch zwei andere bedeutende Minister in der Regierung, der Kultusminister Bischof D. G. Monrad — 1863 wird er Ministerpräsident — und der Finanzminister, der Arzt C. E. Fenger. Diese vier Männer bildeten den sogenannten »engeren Ausschuß«, in welchem die Probleme durchgesprochen wurden, bevor sie vor den Staatsrat — aus König und Ministern bestehend — oder den Reichsrat, das Parlament, gelangten. (Der »Reichsrat« war die gemeinsame Volksvertretung für das Königreich und Schleswig und ursprünglich auch für Holstein. Seit 1858 wurden im Reichsrat die für diese beiden Reichsteile gemeinsamen Angelegenheiten behandelt. Der Reichstag hingegen war nur für das Königreich Dänemark bis zur Königsau zuständig.)

Zur politischen Situation nach 1864 läßt sich sagen: Die erste Nachkriegszeit stand naturgemäß unter dem Zeichen einer politischen Auseinandersetzung über Schuld und Fehler. In Rede und Schrift suchte man die Verantwortung zu klären, die Verantwortlichen festzustellen. Dabei wurden gegen die nationalliberalen Politiker schwere Vorwürfe erhoben; auch die Kriegführung wurde einer eingehenden Kritik unterzogen. Viele gab es, die Zweifel hegten, ob die Nation überhaupt noch eine Zukunft habe. Andere quälte die Sorge, das Land könnte noch einmal geteilt werden; eine Art Untergangsstimmung hatte die Gemüter ergriffen, doch erwies es sich bald, daß die Lebenskraft des dänischen Volkes nicht gebrochen war. Vor dem Kriege war die wirtschaftliche Entwicklung des Landes recht gut voran-[gekommen, und darüber hinaus rührten sich im Volk starke geistige Kräfte. Diese Kräfte erhielten ihre besondere Prägung wie auch richtungsweisende Antriebe aus dem Unglück des Jahres 1864.]

Im Jahre 1849 hatten die Nationalliberalen mit den Bauernfreunden bei der Ausarbeitung der sehr freiheitlichen Juni-Verfassung für das Königreich Dänemark zusammengearbeitet, diese Juni-Verfassung galt nur für das Königreich Dänemark bis zur Königsau, später aber war die Kluft zwischen den „Gebildeten“ und den „Ungebildeten“, wie man sich ausdrückte, immer tiefer geworden. Für die Nationalliberalen war es eine Enttäuschung gewesen, daß die breite Landbevölkerung einige der bedeutendsten Persönlichkeiten des Landes zugunsten einfacher Kleinbauern und Handwerker zurückgesetzt hatte. Diesen Hintergrund muß man beachten, wenn man richtig beurteilen will, was einer der führenden Nationalliberalen, Orla Lehmann, im Jahre 1861 in einer die Verfassung betreffenden Rede erklärte:
„Als Dänemark sich im Jahre 1848 auf das kühne Wagnis einließ, dem ganzen Volke die Macht zu übertragen, geschah es nicht, um das Steuer des Staates in die Hände der unaufgeklärten einfachen Leute zu legen, noch weniger, um es einigen eigennützigen und schlauen Demagogen auszuliefern. Es sind die Begabten, die Gebildeten und die Begüterten, die in jeder zivilisierten staatlichen Gemeinschaft bei der Leitung der öffentlichen Angelegenheiten den Ausschlag geben. Alles, was das Prinzip der Gleichheit fordern und leisten kann, ist, es der einzelnen Begabung leicht zu machen, sich Bildung und Vermögen und damit Ansehen und Einfluß zu erwerben.“

[S. 19]

Seine Ernennung zum Innenminister im Jahre 1861 war ein Zeugnis dafür, daß der politische Kurs auf eine ausgeprägtere nationalliberale Richtung umgelegt wurde, eine Richtung, die den Eiderstandpunkt und den

[S. 20]

Skandinavismus eindeutiger betonte. Sein Name war ein Programm, aber Nummer 1 war er nicht.

Den führenden Platz unter den Nationalliberalen nahm C. C. Hall ein. Er war, gleich Lehmann, Jurist, jedoch nicht so scharf im Programmatischen. Er wußte dagegen die Menschen besser um sich zu sammeln und flößte größeres Vertrauen ein. Es lag etwas Freimütiges und Heiteres in seinem Wesen. Er hatte, als die Bewegung noch neu war, nicht so stark geglänzt wie Lehmann und der Theologe D. G. Monrad, aber er hatte politisch festeren Fuß zu fassen vermocht als die beiden anderen. Im Jahre 1854 übernahm er zum erstenmal ein Ministeramt. Im Jahre 1857 wurde er Ministerpräsident und Außenminister. Er trug die politische Verantwortung für jene Politik, mit der die dänische Regierung unter dem Druck der deutschen Mächte von der Gesamtstaatspolitik zu einer getarnten Eiderpolitik überging. Er war von Natur aus vorsichtig, und es konnte ihm an Energie fehlen. So wurde er nahezu zu der Politik gedrängt, die damit eingeleitet wurde, daß Holstein durch die Märzdeklaration des Jahres 1863 eine Sonderstellung in der Monarchie erhielt. Als der Schritt aber getan war, war Hall konsequent in der Weiterführung dieser Politik, die ihren stärksten Ausdruck in der sogenannten Novemberverfassung vom 18. November 1863 fand.

Neben Hall und Lehmann waren noch zwei andere bedeutende Minister in der Regierung, nämlich der Kultusminister, Bischof D. G. Monrad, von dem später die Rede sein wird, und der Finanzminister, der Arzt C. E. Fenger. Diese vier Männer bildeten den sogenannten „engeren Ausschuß", in dem die Probleme durchgesprochen wurden, bevor sie vor den Staatsrat, aus König und Ministern bestehend, oder den Reichsrat, das Parlament gelangten.*[...]

  • (Der „Reichsrat“ war die gemeinsame Volksvertretung für das Königreich und Schleswig, und ursprünglich auch für Holstein. Seit 1858 wurden im Reichsrat die für diese beiden Reichsteile gemeinsamen Angelegenheiten behandelt. Der „Reichstag“ war nur für das Königreich Dänemark bis zur Königsau zuständig.)

[S. 67]

Die erste Nachkriegszeit stand unter dem Zeichen einer politischen Auseinandersetzung über Schuld und Fehler. Mit Rede und Schrift suchte man die Verantwortung zu klären, die Verantwortlichen festzustellen. Dabei wurden gegen die nationalliberalen Politiker schwere Anklagen erhoben. Auch die Kriegsführung wurde einer eingehenden Kritik unterworfen.

Viele gab es, die Zweifel hegten, ob die Nation überhaupt noch eine Zukunft habe. Viele wurden von der Sorge gequält, das Land werde noch einmal am großen Belt geteilt werden. Kurz gesagt: Eine Untergangsangst hatte die Gemüter ergriffen, doch erwies es sich bald, daß die Lebenskraft des dänischen Volkes nicht gebrochen war. Vor dem Kriege war die wirtschaftliche Entwicklung des Landes recht gut vorangekommen, und es rührten sich im Volke starke geistige Kräfte. Diese Kräfte erhielten ihre besondere Prägung wie auch richtungsweisende Antriebe aus dem Unglück des Jahres 1864.

Anmerkungen
Sichter