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Inzidente Gesetzesprüfung im Vereinigten Königreich: Eine rechtsvergleichende Studie unter Berücksichtigung der Europäisierung des britischen Rechts

von Prof. Dr. Ronald Moeder

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[1.] Rm/Fragment 221 01 - Diskussion
Zuletzt bearbeitet: 2022-02-22 08:22:41 Numer0nym
BauernOpfer, Fragment, Gesichtet, Grote 1998a, Rm, SMWFragment, Schutzlevel sysop

Typus
BauernOpfer
Bearbeiter
PlagProf:-)
Gesichtet
Yes
Untersuchte Arbeit:
Seite: 221, Zeilen: 1-28
Quelle: Grote 1998a
Seite(n): 338, 339, Zeilen: S. 338: 16 ff., S. 339: 1 ff.
[Adressaten der Konventionsrechte können jedoch gemäß s. 6 (3) (b),](5) auch privatrechtliche Einrichtungen sein, deren Hauptaufgabe in der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben besteht, soweit ihr Tätigwerden mit der Erfüllung der ihnen übertragenen öffentlichen Funktionen in Zusammenhang steht. Damit ist für den Begriff der public authority nicht die Organisationsform, sondern der materielle Charakter der wahrgenommenen Aufgabe maßgeblich.1253

Maßnahmen der kirchlichen Rechtsetzung können nach s. 21 (1) (d), (e) Human Rights Act 1998 Gegenstand einer richterlichen Unvereinbarkeitsfeststellung mit der EMRK sein. Gleichwohl sind die Kirchen grundsätzlich keine Adressaten der Konvention und können bei der Erfüllung ihrer Aufgaben, z.B. Trauungen und Auswahl von Lehrpersonal an kirchlichen Schulen, zu keinem Verhalten am Maßstab der EMRK verpflichtet werden, der mit ihren religiösen Überzeugungen nicht in Einklang steht.1254

Die Gerichte sind gemäß s. 6 (3) (a) Human Rights Act 1998 an die Konventionsrechte gebunden. Diese Bindung geht so weit, dass sie nicht nur auf die Tätigkeit der Gerichte in Verwaltungs- und Strafsachen beschränkt ist, sondern sämtliche Rechtsstreitigkeiten erfasst, selbst wenn sich solche ausschließlich zwischen Privaten abspielen. Eine Bindungswirkung der Gerichte an die EMRK ist daher auch vom Gesetzgeber gewollt, wenn es um die Anwendung von Grundsätzen des common law auf die Rechtsverhältnisse Privater untereinander geht.1255 Insoweit ist zugleich das Problem der „mittelbaren Drittwirkung“ der Konventionsrechte „über die Hintertür“ angesprochen, das in den Medien Befürchtungen ausgelöst hat, die Gerichte könnten unter Berufung auf Art. 8 EMRK ein im common law bislang nicht anerkanntes allgemeines Recht auf Achtung der Privatsphäre entwickeln, durch das die Freiheit der Berichterstattung von Presse und Rundfunk zu stark eingeschränkt würde.1256 Die Regierung hat diese Befürchtungen dadurch entkräftet, dass sie entsprechende Maßnahmen und Bestimmungen eingeführt hat, nach denen die Gerichte [verpflichtet sind, in Fällen in denen es um den Schutz der Privatsphäre geht, das besondere Gewicht der Meinungsfreiheit und das mögliche öffentliche Interesse an der ungehinderten Veröffentlichung journalistischer oder literarischer Stellungnahmen zu würdigen.]


1253 Diese Vorschriften sind insbesondere für solche Unternehmen relevant, die aufgrund der Privatisierung des Dienstleistungssektors seit 1979 Aufgaben im Bereich der Daseinsvorsorge (utilities) nunmehr privatrechtlich wahrnehmen.

1254 Vgl. die Erklärung des Innenministers Straw im House of Commons am 16.02.1998, H.C. Official Report, col. 779.

1255 Vgl. die Erklärung von Lord Chancellor Irvine, H.L. Official Report 24.11.1997, col. 783.

1256 Vgl. The Times, 12.02.1998, 1, “Blair to halt ‘back door’ privacy law”; 17.02.1998, 4, “Ministers’ [sic!] move to allay media fear [sic!] on privacy” (beides zit. nach Grote, ZAÖV 1998, 309 (339), FN 139).

Unter den Begriff der public authority fallen zunächst die Ministerien und Verwaltungsbehörden, deren Hauptaufgabe in der Erfüllung öffentlicher Aufgaben besteht.134 Entscheidend für die Anwendbarkeit der Konventionsrechte ist aber nicht die Organisationsform, sondern der materielle Charakter der wahrgenommenen Aufgabe. Adressat der Konventionsrechte sind danach auch solche Einrichtungen, die zwar privatrechtlich organisiert sind, aber (auch) öffentliche Aufgaben wahrnehmen, soweit ihr Tätigwerden mit der Erfüllung der ihnen übertragenen öffentlichen Funktion in Zusammenhang steht.135 Diese Vorschriften sind vor allem für Unternehmen von Bedeutung, die aufgrund der umfangreichen Privatisierung von Dienstleistungen des öffentlichen Sektors nach 1979 Aufgaben im Bereich der Daseinsvorsorge nunmehr in privatrechtlicher Rechtsform erfüllen (sog. utilities).136 Dagegen hat die Regierung im Verlauf der parlamentarischen Beratungen klargestellt, daß die Konventionsrechte nicht dazu benutzt werden dürfen, die christlichen Kirchen und anderen großen Religionsgesellschaften bei der Erfüllung der von ihnen wahrgenommenen seelsorgerischen, edukativen und sozialen Aufgaben, insbesondere bei der Vornahme von Trauungen und der Auswahl des Lehrpersonals an kirchlichen Schulen, zu einem Verhal-


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ten zu verpflichten, das mit ihren religiösen Überzeugungen nicht in Einklang steht.137

Die Gerichte unterliegen ebenfalls der Bindung an die Konventionsrechte, wie Sec. 6 (3) der Human Rights Bill ausdrücklich klarstellt. Da diese Bindung nicht eingeschränkt wird, ist sie nicht auf die Tätigkeit der Gerichte in Verwaltungs- und Strafsachen beschränkt, sondern erstreckt sich grundsätzlich auch auf die Entscheidung von Rechtsstreitigkeiten zwischen Privaten. Lord Chancellor Irvine hat im Rahmen der Ausschußberatungen des House of Lords bestätigt, daß eine Bindung der Gerichte an die Konventionsrechte auch insoweit, als es um die Anwendung von common-law-Prinzipien auf die Rechtsverhältnisse Privater untereinander geht, beabsichtigt ist.138 Die darin liegende Sanktionierung einer "mittelbaren Drittwirkung" der Konventionsrechte hat in den Medien Befürchtungen ausgelöst, die Gerichte könnten in Anlehnung an Art. 8 EMRK ein im common law bisher nicht anerkanntes allgemeines Recht auf Achtung der Privatsphäre entwickeln, durch das die Freiheit der Berichterstattung von Presse und Rundfunk zu stark eingeschränkt würde.139 Die Regierung hat diesen Befürchtungen durch die Einfügung ergänzender Bestimmungen zu begegnen versucht, welche die Gerichte verpflichten, in Fällen, in denen es um den Schutz der Privatsphäre geht, das besondere Gewicht der Meinungsfreiheit und das mögliche öffentliche Interesse an der ungehinderten Veröffentlichung journalistischer oder literarischer Äußerungen zu berücksichtigen, und den Erlaß einstweiliger Anordnungen verbieten, mit der die Veröffentlichung einer Nachricht oder Meinung untersagt wird, ohne daß dem verantwortlichen Redakteur oder Verlag zuvor Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben wird.140


134 Das white paper der Regierung nennt als Beispiele: Kommunalverwaltungen, Polizei, Einwanderungsbehörden, Gefängnisverwaltungen.

135 Sec. 6 (3) (c), (5) Human Rights Bill.

136 Rights Brought Home (Anm. 125), para. 2.2.

137 Erklärung von Innenminister Straw im House of Commons am 16.2.1998, HC Official Report, col. 779. Das House of Lords fügte einen ausdrücklichen Zusatz dieses Inhalts in Sec. 6 ein. Ferner sollen kirchliche Gerichte nach einer ebenfalls aufgrund der Diskussionen im House of Lords eingefügten Klarstellung bei der Ausübung ihrer von den Parlamenten anerkannten, aber nicht begründeten Gerichtsbarkeit nicht an die Konventionsrechte gebunden sein, vgl. HL Official Report, 5 February 1998, col. 805. Maßnahmen der kirchlichen Rechtsetzung können jedoch Gegenstand einer gerichtlichen Unvereinbarkeitsfeststellung nach Sec. 4 sein, vgl. Sec. 21 (1) (d), (e) Human Rights Bill.

138 HL Official Report, 24.11.1997, col. 783.

139 Vgl. The Times, 12.2.1998, 1 ("Blair to halt 'back door' privacy law"); 17.2.1998, 4 ("Ministers move to allay media fears on privacy").

140 HC Official Report, 16 February 1998, col. 777.

Anmerkungen

Auf Grote wird nur für die in Fußnote 1256 genannten zwei Quellen verwiesen (dabei schleicht sich zudem eine kleine Ungenauigkeit ein). Tatsächlich wird Grote über die ganze Seite hinweg in geraffter Form und zum erheblichen Teil mit seinen eigenen Worten reproduziert.

Sichter
SleepyHollow02



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