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Ein „weltoffenes Land“? Deutschlands langer Weg zu einer neuen Politik der Zuwanderung

von Dr. Timur Mukazhanov

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[1.] Tmu/Fragment 172 01 - Diskussion
Zuletzt bearbeitet: 2013-09-30 17:25:55 Sotho Tal Ker
BauernOpfer, Fragment, Geißler 2003, Gesichtet, SMWFragment, Schutzlevel sysop, Tmu

Typus
BauernOpfer
Bearbeiter
Hindemith
Gesichtet
Yes
Untersuchte Arbeit:
Seite: 172, Zeilen: 1-43
Quelle: Geißler 2003
Seite(n): 1 (Internetquelle), Zeilen: VI, 4. Absatz
[Die] Unterschiede zwischen beiden Gesellschaften sind massiv. Sie machen eine Übertragung des kanadischen Konzepts auf Deutschland sehr problematisch.397
  • Sieht man einmal von dem Spezialfall der Ureinwohner ab, dann war Kanada von Anfang an eine Gesellschaft von Einwanderern. Die Geschichte Kanadas ist die Geschichte einer kontinuierlichen Zuwanderung von Menschen aus unterschiedlichen Kulturen und Systemen. Deutschland dagegen ist von Beginn an eine Gesellschaft von Einheimischen, das Land der Deutschen. Kontinuierliche multiethnische Einwanderung ist ein relativ neues Phänomen und hat auch nicht die kanadischen Dimensionen.
  • Diese Unterschiede in der Migrationsgeschichte haben Folgen für die Sozialstruktur, die Kultur und das Staatsverständnis der beiden Länder. Kanada war von Anfang an bi-ethnisch; dazu kommen die vielen verschiedenen Ethnien der „Ersten Nationen“. Im Verlauf des letzten Jahrhunderts hat sich Kanada dann zu einer dynamischen multiethnischen Gesellschaft entwickelt, deren Muster sich ständig verändert. Deutschland dagegen ist seit seiner Gründung eine im wesentlichen monoethnische Gesellschaft, die Zugehörigkeit zur deutschen Kultur war und ist das einigende Band. Das multiethnische Segment ist in Deutschland relativ neu und relativ klein. Es sieht sich einer mächtigen Mehrheitskultur ausgesetzt, die einen starken Assimilationsdruck ausübt.
  • Dieser Assimilationsdruck ist auch deshalb besonders ausgeprägt, weil das multiethnische Segment in Deutschland strukturell ausgesprochen schwach blieb. Die ethnischen Minderheiten in Deutschland sind unter anderem wegen einer restriktiven Einbürgerungspraxis und fehlender politischer Rechte politisch weitgehend ohnmächtig. Zu einer wirklichen „zweiten Kraft“ im sozialen und politischen Kräftefeld konnten sie sich bisher nicht entwickeln. Langfristig wird das politische Gewicht der ethnischen Minderheiten durch die Erleichterung der Einbürgerung aber zunehmen, weil damit die Zahl der „ethnischen Wähler“ steigt. In Kanada dagegen sind die ethnischen Minderheiten strukturell deutlich besser platziert. Die Aufstiegs- und Einkommenschancen der vor allem europäischen Minderheiten - aber auch die der überdurchschnittlich qualifizierten Einwanderer aus China - sind teils genauso gut, teils sogar besser als die der beiden Gründernationen.398 Das Wahlrecht sowie die Vertretung der Minderheiten in Parlamenten und Regierungen – und auch in anderen wichtigen Institutionen wie den Massenmedien – verleihen den Minoritäten politisches Gewicht.

Fasst man die bisherigen drei Punkte zusammen, dann kann man sagen: Kanada ist wie die Vereinigten Staaten von Amerika oder Australien ein Einwanderungsland klassischen Typs – mit einer langen Einwanderungsgeschichte, einer langen multiethnischen Tradition, einer Selbstverständnis als inklusive Staatsnation und strukturell vergleichsweise gut platzierten ethnischen Minderheiten. Deutschland ist dagegen ein Einwanderungsland modernen Typs, dem diese vier Elemente fehlen. Die Vorstellung, den Multikulturalismus der klassischen Einwanderungsländer auf [Deutschland zu übertragen, ist also utopisch.]


397 Vgl. Geißler, Rainer, Multikulturalismus in Kanada – Modell für Deutschland? In: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 26/2003, S. 19-25;

398 Vgl. Driedger, Leo, Multi-ethnic Canada, Toronto u.a. 1996, S. 198ff.;

Aber die Unterschiede zwischen beiden Gesellschaften, von denen ich vier kurz skizzieren möchte, sind doch massiv. Sie machen eine Übertragung des kanadischen Konzepts auf Deutschland problematisch.

1. Sieht man einmal von dem Spezialfall der Ureinwohner ab, dann war Kanada von Anfang aneine Gesellschaft von Einwanderern. Die Geschichte Kanadas ist die Geschichte einer kontinuierlichen Zuwanderung von Menschen aus unterschiedlichen Kulturen und Systemen. Deutschland dagegen ist von Beginn an eine Gesellschaft von Einheimischen, das Land der Deutschen; die Bezeichnung "Deutschland" bringt dies unmissverständlich zum Ausdruck. Kontinuierliche multiethnische Einwanderung ist ein relativ neues Phänomen und hat auch nicht die kanadischen Dimensionen: [...]

2. Diese Unterschiede in der Migrationsgeschichte haben Folgen für die Sozialstruktur, die Kultur und das Staatsverständnis der beiden Länder. Kanada war von Anfang an bi-ethnisch; dazu kommen die vielen verschiedenen Ethnien der "Ersten Nationen". Im Verlauf des letzten Jahrhunderts hat sich Kanada dann zu einer dynamischen multiethnischen Gesellschaft entwickelt, deren Muster sich ständig verändert. [...]

Deutschland dagegen ist seit seiner Gründung eine im Wesentlichen monoethnische Gesellschaft, die Zugehörigkeit zur deutschen Kultur war und ist das einigende Band.[...] Das multiethnische Segment ist in Deutschland relativ neu und relativ klein; es sieht sich einer bodenständig gewachsenen, mächtigen Mehrheitskultur ausgesetzt, die einen starken Assimilationsdruck ausübt.

3. Dieser Assimilationsdruck ist auch deshalb besonders ausgeprägt, weil das multiethnische Segment in Deutschland strukturell ausgesprochen schwach blieb. Das Land ist durch ethnische Minderheiten weitgehend "unterschichtet", und diese sind - u.a. wegen einer restriktiven Einbürgerungspraxis und fehlender politischer Rechte - politisch weitgehend ohnmächtig. Zu einer wirklichen "zweiten Kraft" im sozialen und politischen Kräftefeld konnten sie sich bisher nicht entwickeln. Langfristig wird das politische Gewicht der ethnischen Minderheiten durch die Erleichterung der Einbürgerung aber zunehmen, weil damit die Zahl der "ethnischen Wähler" steigt.

In Kanada dagegen sind die ethnischen Minderheiten - sieht man einmal von den extrem marginalisierten "Ersten Nationen" ab - strukturell deutlich besser platziert. Die Aufstiegs- und Einkommenschancen der europäischen Minderheiten sind teils genauso gut, teils sogar besser als die der beiden Gründernationen.[16] [...] Das Wahlrecht sowie die Vertretung der Minderheiten in Parlamenten und Regierungen - und auch in anderen wichtigen Institutionen wie den Massenmedien - verleihen den Minoritäten politisches Gewicht.

Fasst man die bisherigen drei Punkte zusammen, dann kann man sagen: Kanada ist wie die USA oder Australien ein Einwanderungsland klassischen Typs - mit einer langen Einwanderungsgeschichte, einer langen multiethnischen Tradition, einem Selbstverständnis als inklusive Staatsnation und strukturell vergleichsweise gut platzierten ethnischen Minderheiten. Deutschland ist dagegen ein Einwanderungsland modernen Typs, dem diese vier Elemente fehlen.

[...]

Die Vorstellung, den kanadischen Multikulturalismus auf Deutschland zu übertragen, ist also utopisch.


16. Vgl. L. Driedger (Anm. 4), S. 198ff.

Anmerkungen

Der Verweis auf die Quelle am Anfang der Seite macht nicht klar, dass die gesamte Seite im Wesentlichen wörtlich aus der Quelle stammt. Sogar ein Literaturverweis wurde mitübernommen.

Sichter
(Hindemith) Schumann



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Letzte Bearbeitung dieser Seite: durch Benutzer:Sotho Tal Ker, Zeitstempel: 20130930172640