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Literatur und Verbrechen: Kunst und Kriminalität in der europäischen Erzählprosa um 1900

von Dr. Dr. Thomas Sprecher

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[1.] Ts/Fragment 217 14 - Diskussion
Zuletzt bearbeitet: 2015-06-23 16:25:28 Schumann
BauernOpfer, Fragment, Gesichtet, Kern 2004, SMWFragment, Schutzlevel sysop, Ts

Typus
BauernOpfer
Bearbeiter
fret
Gesichtet
Yes
Untersuchte Arbeit:
Seite: 217, Zeilen: 14-35
Quelle: Kern 2004
Seite(n): 91, 92, Zeilen: 91: 11-13, 24-32 - 92: 1-10
Wo es zur Erzeugung von Wahrscheinlichkeit nicht mehr genügt, eine Erzählung mimetisch an die objektive Wirklichkeit anzulehnen, wird das erzählende Ich zum Mittel der Beglaubigung. Es soll Beweis seiner Geschichte bilden gegenüber einer ungewissen Wirklichkeit. Die Existenz des erzählenden Ich wird bewiesen durch sein Erzählen, so wie das Erzählte durch das Ich beglaubigt wird. „Ich möchte beinahe behaupten“, meinte Ingeborg Bachmann in ihrer Frankfurter Poetik-Vorlesung, „daß es kein Roman-Ich, kein Gedicht-Ich gibt, das nicht von der Beweisführung lebt: Ich spreche, also bin ich.“233 In der Lyrik ist das Ich als Beweis für authentisches Erleben anerkannt. „Aufgrund der besonderen Struktur ihrer Aussage − ein Ich sagt, wie ihm zumute ist − scheint Lyrik so aufrichtig zu sein wie jeder andere ehrlich gemeinte Satz im Leben“234, resümiert Heinz Schlaffer in seiner Kurzen Geschichte der deutschen Literatur. In der Epik bezieht das Ich seine Glaubwürdigkeit aus der realen, authentischen Kommunikation. Zur Veröffentlichung von Tagebüchern, Briefromanen und autobiographischen Rechenschaftsberichten im 18. Jahrhundert schreibt Schlaffer: „Sie verwiesen auf eine persönliche, durch die Person als wirklich und wahr verbürgte Erfahrung zurück, die anderen mitgeteilt wurde, von anderen geteilt werden konnte, so daß der Übergang von der persönlichen Aussprache über die handschriftliche Aufzeichnung zum gedruckten Buch gleitend zu sein schien. Jedes wahre Erlebnis verdiente es, veröffentlicht [zu werden; und umgekehrt: jede Publikation erweckte den Anschein, Ausdruck eines individuellen und doch für alle gültigen Erlebnisses zu sein.“235]

233 Ingeborg Bachmann: Frankfurter Vorlesungen, Das schreibende Ich, München/ Zürich: Piper 1980, S. 49.

234 Schlaffer, Die kurze Geschichte der deutschen Literatur, S. 79.

235 Ebd., S. 80.

[Seite 91]

Seit diese Wahrscheinlichkeit nicht mehr ohne weiteres durch das mimetische Verhältnis einer Erzählung zur objektiven Wirklichkeit hergestellt werden kann, wird das erzählende Ich zum Mittel der Beglaubigung. [...]

Die Existenz des erzählenden Ich ist durch sein Erzählen bewiesen so wie das Erzählte durch das Ich beglaubigt ist. „Ich möchte beinahe behaupten, daß es kein Roman-Ich, kein Gedicht-Ich gibt, das nicht von der Beweisführung lebt: Ich spreche, also bin ich.“125, formulierte Ingeborg Bachmann in ihrer Frankfurter Poetik-Vorlesung. Es ist ein Vorteil von Tautologien, daß niemand ihre Wahrheit bestreiten kann. Ich scheint das Konkreteste und damit das Wahrhaftigste zu sein: In der Lyrik ist das Ich ohnehin als Beweis für authentisches Erleben anerkannt. „Aufgrund der besonderen Struktur ihrer Aussage – ein Ich sagt, wie ihm zumute ist – scheint Lyrik so aufrichtig zu sein wie jeder andere ehrlich gemeinte Satz im Leben.“126, resümiert Heinz Schlaffer. In der Epik bezieht das Ich seine

[Seite 92]

Glaubwürdigkeit vom lyrischen Ich einerseits und aus der realen, authentischen Kommunikation andererseits. In seiner Kurzen Geschichte der deutschen Literatur urteilt Heinz Schlaffer über die Veröffentlichung von Tagebüchern, Briefromanen und autobiographischen Rechenschaftsberichten im 18. Jahrhundert: „Sie verwiesen auf eine persönliche, durch die Person als wirklich und wahr verbürgte Erfahrung zurück, die anderen mitgeteilt wurde, von anderen geteilt werden konnte, so daß der Übergang von der persönlichen Aussprache über die handschriftliche Aufzeichnung zum gedruckten Buch gleitend zu sein schien. Jedes wahre Erlebnis verdiente es, veröffentlicht zu werden; und umgekehrt: jede Publikation erweckte den Anschein, Ausdruck eines individuellen und doch für alle gültigen Erlebnisses zu sein.“127


125 Ingeborg Bachmann: Frankfurter Vorlesungen. Das schreibende Ich, München und Zürich 1980, S. 49.

126 Heinz Schlaffer: Die kurze Geschichte der deutschen Literatur, S. 79.

127 Ebd., S. 80

Anmerkungen

Der Vf. gibt zu Beginn von Kap. E (S. 143-221) an:
"Die Ausführungen in diesem Kap. folgen zum Teil den Darlegungen von Stefan Helge Kern, Die Kunst der Täuschung. Hochstapler, Lügner und Betrüger im deutschsprachigen Roman seit 1945 am Beispiel der Romane Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull, Mein Name sei Gantenbein und Jakob der Lügner, Diss. Hannover 2004, S. 10-95."

Die Übernahme erfolgt aus diesem Bereich, doch wird die enge (teils wörtliche) Anlehnung an die Quelle nicht deutlich, die auch auch Übernahme der gleichen Zitate in gleicher Abgrenzung an gleicher Stelle wie in der Quelle einschließt. Daher Einordnung als Bauernopfer.

Sichter
Schumann



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