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Film und Propaganda im Ersten Weltkrieg. Propaganda als Medienrealität im Aktualitäten- und Dokumentarfilm

von Ulrike Oppelt

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[1.] Uo/Fragment 054 01 - Diskussion
Zuletzt bearbeitet: 2013-07-14 22:02:21 Sotho Tal Ker
Fragment, Gesichtet, Krumeich 1993, SMWFragment, Schutzlevel sysop, Uo, Verschleierung

Typus
Verschleierung
Bearbeiter
Graf Isolan
Gesichtet
Yes
Untersuchte Arbeit:
Seite: 54, Zeilen: 1-30, 103-107, 111-116
Quelle: Krumeich 1993
Seite(n): 14, 15, 20, 21, Zeilen: 14:19-41; 15:4-13; 20:43-44 - 21:1-2
Die Entstehung von Ideologismen aus der Alltagserfahrung des Weltkrieges ist ein noch weitgehend unbearbeitetes Feld mentalitätshistorischer Forschung. Interessanterweise hat die Forschungsgeschichte des Ersten Weltkrieges in der Diskussion um die ,Alltagsgeschichte' anscheinend keine Rolle gespielt, obwohl auch hier der Erste Weltkrieg der „Vater aller Dinge“ war. Damals erhielt die Massenkommunikation ihre moderne Dimension. Bevölkerungsgruppen, die ortsgebunden und ohne schriftliche Ausdrucksformen lebten, konnten nun aller Welt gezeigt und bekannt gemacht werden. Diese kommunikative Mobilität bedeutete für die Öffentlichkeit eine ungeahnte Perspektive. Die millionenfachen Feldpostbriefe legten ein deutliches Zeugnis für die Bewusstwerdung ab, die sich bei den einfachen Menschen, besonders den bäuerlichen Unterschichten, abspielte. Sie wurden im Krieg zum erstenmal gezwungen, über sich selber und ihre Lebensumstände in schriftlicher Form zu berichten.114 Dabei muss beachtet werden, inwieweit die im Weltkrieg zur alltäglichen Wirklichkeit gewordene Massenpropaganda die kommunikativen Strukturen wie Hör-, Seh- und Lesegewohnheiten veränderte. Ohne diese bürgerlich-militaristischen Vorläufer kann man die nationalsozialistische bzw. faschistische Propaganda nicht verstehen. Derartige Gesichtspunkte überschreiten jedoch den Bereich der unmittelbaren ,Alltagsgeschichte' und führen zur Restrukturierung der Weltgeschichte als MentalitätenGeschichte [sic].115 Wegweisend für eine Mentalitätsgeschichte des Ersten Weltkrieges waren in Deutschland die Arbeiten über Kriegserwartung und Kriegspsychose, die alltagshistorische Erfahrungen mit einbezogen. Am besten wurde dieses in dem von Klaus Vondung 1980 herausgegebenen Sammelband „Kriegserlebnis“ dargestellt.116 Die von Vondung betriebene und gesammelte Forschung war noch der älteren sozialgeschichtlichen und kritischen Historie verpflichtet, die ihren Blick überwiegend auf die Erforschung von Ideologien, Denkmustern und Propaganda der Führungsschichten, der Eliten richtete. „Volkskulturelle“ Gesichtspunkte waren auch hier von sekundärem Interesse. Die bereits weit vorangeschrittene Erforschung der symbolischen Ebene in der Kriegsliteratur, in den Predigten und sogar [in den Soldatenliedern blieb wiederum nur auf Untersuchungen in der „Eliten-Kultur“ beschränkt.]

114 Vgl. Bernd Ulrich: Die Augenzeugen. Deutsche Feldpostbriefe in Kriegs- und Nachkriegszeit 1914-1933 (Schriften der Bibliothek für Zeitgeschichte, Bd. 8), (Diss. phil.), Essen 1997; Benjamin Ziemann: Zum ländlichen Augusterlebnis 1914 in Deutschland, in: Geschichte und Psychologie. Annäherungsversuche, hrsg. von B. Loewenstein, Pfaffenweiler 1992, S. 193— 203; Becker: Les Français, 1980, über das erstmalige Zusammentreffen der verschiedenen Dialekte in den Schützengräben und die Formung einer Nationalsprache; Trevor Wilson: The myriad faces of war, 1914-1918, Cambridge u. a. 1986; Jeffrey T. Verhey: The „spirit of 1914“. The Myth of Enthusiasm and the Rhetoric of Unity in World War I Germany (Diss. phil.), Berkeley 1991 (Der „Geist von 1914„ und die Erfindung der Volksgemeinschaft, übers. v. J. Bauer, E. Nerke, Hamburg 2000).

115 Zu den Dimensionen dieses Konzepts und besonders zu seiner heuristischen Bedeutung, vgl. Raulff: Mentalitäten-Geschichte, 1987, mit deutschen Übersetzungen der wichtigsten mentalitätshistorischen Aufsätze, und ebenda die ebenso knappe wie souveräne Darstellung der Forschungsliteratur, S. 7-15.

116 Klaus Vondung: Kriegserlebnis. Der Erste Weltkrieg in der literarischen Gestaltung und symbolischen Deutung der Nationen, Göttingen 1980.

[Seite 14]

In der Debatte über die Alltagsgeschichte ist bislang nicht hinreichend beachtet worden, in wie großem Maße auch hier der Erste Weltkrieg der „Vater aller Dinge“ war. Erst im Weltkrieg erhielt Massen-Kommunikation ihre moderne Dimension:

Bislang weitestgehend ortsgebundene und schriftlose Bevölkerungsgruppen wurden nun gleichermaßen in „alle Länder“ verbracht und man kann ganz ohne wohlfeilen Zynismus sagen, daß diese Mobilität kommunikative Perspektiven und Interessen erweckte, auf denen sich spätere Öffentlichkeit aufbaute. Die millionenfachen Feldpostbriefe, die auch in unserem Band eine große Rolle spielen, sind unerläßlich für das Bewußtwerden der Unterschichten, zumal der bäuerlichen, die im Krieg zum ersten Mal gezwungen waren und sich daran gewöhnten, sich in schriftlicher Form über sich selber und ihre Lebensumstände zu äußern.21 Und selbstverständlich muß beachtet werden, wie weit die im Weltkrieg zur alltäglichen Wirklichkeit werdende Massenpropaganda über ihre direkten Zielsetzungen hinaus die kommunikativen Strukturen sowie Hör-, Seh- und Lesegewohnheiten in ungeheurem Maße veränderten. Man wird die nationalsozialistische bzw. faschistische Propaganda ohne diese bürgerlich-militaristischen Vorläufer nicht verstehen können. Aber diese Gesichtspunkte überschreiten bereits den Bereich der unmittelbaren „Alltags“-Geschichte und führen in eine weitere Dimension der Forschung, nämlich die Restrukturierung der Weltkriegsgeschichte als Mentalitäten-Geschichte.22

Wegweisend für eine die alltagshistorischen Erfahrungen mit einbeziehende Mentalitätsgeschichte des Ersten Weltkriegs wurden in Deutschland zunächst Arbeiten über Kriegserwartung und Kriegspsychose, am besten vielleicht kondensiert in dem von Klaus Vondung herausgegebenen Sammelband „Kriegserlebnis“.23

[Seite 15]

Die von Vondung betriebene und gesammelte Forschung war jedoch noch insofern der älteren sozialgeschichtlichen und kritischen Historie verpflichtet, als ihr Blick ganz überwiegend auf die Erforschung von Denkmustern, Ideologien und Propaganda der Führungsschichten gerichtet blieb, also im weitesten Sinne auf eine Kultur der Eliten.

„Volkskulturelle“ Gesichtspunkte, im Sinne einer Alltagsgeschichte „von unten“, waren noch von sekundärem Interesse und auch die hier bereits sehr weit vorangetriebene und bahnbrechende Erforschung der symbolischen Ebene im weitesten Sinne der Kriegsliteratur genauso wie der Predigt oder der Soldatenlieder blieb der ideologiekritischen Untersuchung der Elitenkultur verhaftet.

[Seite 20]

Die Entstehung von Ideologismen des

[Seite 21]

Hasses und der Verachtung aus der Alltagserfahrung des Weltkriegs ist ein noch weithin unbeackertes Feld der mentalitätshistorischen Forschung, [...]


21 VgL: B. Ziemann, Das Kriegserlebnis der ländlichen Gesellschaft in Deutschland 1914-1918, ungedr. Magisterarbeit am Friedrich-Meinecke Institut des FB Geschichtswissen-schaften der FU Berlin (Prof. Dr. B. Loewenstein); ders., Zum ländlichen Augusterlebnis 1914 in Deutschland, in: Geschichte und Psychologie. Annäherungsversuche, hrsg. von B. Loewenstein, Pfaffenweiler 1992, S. 193-203; B. Hüppauf, Kriegsfotografie an der Schwelle zum Neuen Sehen, in: Ebenda, S. 205-233; J.-J. Becker, Les Français dans la Grande Guerre. Paris 1980, über das erstmalige Zusammentreffen der verschiedenen Dialekte in den Schützengräben und die Formung einer Nationalsprache; T. Wilson, The myriad faces of war, 1914-1918, Cambridge u. a. 1986.

22 Zu den Dimensionen dieses Konzepts und besonders zu seiner heuristischen Bedeutung, vgl. den Sammelband: Mentalitäten-Geschichte. Zur historischen Rekonstruktion geistiger Prozesse, hrsg. von U. Raulff, Berlin 1987. mit deutschen Übersetzungen der wichtigsten mentalitätshistorischen Aufsätze, vgl. ebenda S. 7-15, die ebenso knappe wie souveräne Darstellung der Forschungsliteratur.

23 Kriegserlebnis. Der Erste Weltkrieg in der literarischen Gestaltung und symbolische Deutung der Nationen, hrsg. von K. Vondung, Göttingen 1980.

Anmerkungen

Keinerlei Hinweis auf die vorhandene Übernahme aus Krumeich (1993).

Sichter
(Graf Isolan), Sotho Tal Ker



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