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Film und Propaganda im Ersten Weltkrieg. Propaganda als Medienrealität im Aktualitäten- und Dokumentarfilm

von Ulrike Oppelt

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[1.] Uo/Fragment 294 01 - Diskussion
Zuletzt bearbeitet: 2013-09-20 18:00:56 Graf Isolan
BauernOpfer, Fragment, Gesichtet, Lenk 1997, SMWFragment, Schutzlevel sysop, Uo

Typus
BauernOpfer
Bearbeiter
Graf Isolan
Gesichtet
Yes
Untersuchte Arbeit:
Seite: 294, Zeilen: 1ff (komplett)
Quelle: Lenk 1997
Seite(n): 52, 53, 54, 61, Zeilen: 52:34-35.37; 53:15-17.19-21.24-26; 54:22-40; 61:33-35
Raymond Fielding unterscheidet vier Arten von (nach-)gestellten Aktualitäten: theaterhafte Reproduktion bekannter Ereignisse ohne Täuschungsabsicht; realistisch inszenierte, Originaldetails respektierende Reproduktion mit Täuschungsabsicht; oberflächlich (ohne Rücksicht auf bekannte Details) inszenierte Reproduktion mit Täuschungsabsicht; Produktion nicht nachprüfbarer, angeblich mit dem Ereignis verbundener Szenen in Täuschungsabsicht.95 Das Publikum störte sich offenbar nicht an einer nachträglichen Inszenierung, denn Proteste waren selten. „Die detailgetreue Nachbildung, die keine Kosten scheut, wurde möglicherweise von einem informierten Publikum als künstlerische Leistung sogar besonders gewürdigt.“96 Die generelle Diskussion über den Wahrheitsgehalt von Filmbildern, ausgelöst durch eine Reihe von Aufklärungsartikeln über Filmtricks97, begann erst um 1907/08, als die Blütezeit der re-enactments schon vorüber war und echte dokumentarische Aufnahmen die Leinwand erreichten.

In diesem Zusammenhang müssen auch die „aktualitätenbezogenen Fiktionsfilme“ erwähnt werden, z. B. ATTACK ON A CHINA MISSION (James Williamson, 1900) über den Boxeraufstand, EPISODES RÉLATIFS À LA GUERRE DU TRANSVAAL (Pathé, 1899/1900) zum Burenkrieg oder LES TROUBLES DE SAINT PÈTERSBOURG (Lucien Nonguet, 1905) über die erste russische Revolution. Anlass war stets ein öffentlich viel diskutiertes Ereignis, die gezeigten Szenen waren jedoch als historische Fakten in der Regel nicht verifizierbar. Im Gegensatz zur Detailtreue vieler (nach-)gestellter Aktualitäten entsprachen die hier verwendeten Kostüme, Bauten und Handlungen vielfach den Vorstellungen des Publikums, d. h. den tradierten Gemeinplätzen von Land, Leuten und Geschehen. Diese Filme wollten keinen punktuellen, sondern einen allgemeinen Eindruck veranschaulichen, eine herrschende Stimmung bestätigen oder manchmal auch eine ideologische Botschaft verkünden.98 Damals fanden sich bereits die Vorläufer der Features, d. h. Aufnahmen, die zu einem bestimmten Anlass hergestellt wurden und den Hintergrund eines Ereignisses beleuchten. Georges Méliès verfilmte im Herbst 1899 die Vorgeschichte des Dreyfus-Prozesses in Rennes und beendete seine 'Dokumentation' mit inszenierten Aufnahmen von Dreyfus vor dem Kriegsgericht und auf dem Weg ins Gefängnis.99

Ab 1909 unterstützten auch die Fachblätter den Kampf der Filmindustrie um Nachrichtenmarktanteile, indem sie Zeitung und Aktualitätenfilm miteinander [verglichen.]


95 Vgl. Fielding: The American Newsreel, 1972, S. 27.

96 Lenk: Aktualitätenfilm in Frankreich, in: KINtop 6, hrsg. von F. Kessler, S. Lenk, M. Loiperdinger, 1997, S. 53.

97 Vgl. Sabine Lenk: Théâtre contre cinéma. Die Diskussion um Kino und Theater vor dem Ersten Weltkrieg in Frankreich, Münster 1989, S. 190f.

98 Vgl. Lenk: Aktualitätenfilm in Frankreich, in: KINtop 6, hrsg. von F. Kessler, S. Lenk, M. Loiperdinger, 1997, S. 54.

99 Vgl. ebd., siehe auch Kapitel Der gefilmte Krieg vor 1914 der vorliegenden Untersuchung, S. 87.

[Seite 52]

Das Publikum stört sich offenbar nicht an einer nachträglichen Inszenierung. [...] Proteste sind selten:

[Seite 53]

Die detailgetreue Nachbildung, die keine Kosten scheut,16 wurde möglicherweise von einem informierten Publikum als künstlerische Leistung sogar besonders gewürdigt.

Exkurs: Authentizität und Inszenierung

Die generelle Diskussion über den Wahrheitsgehalt von Filmbildern beginnt — soweit die aktuelle Quellenlage eine Beurteilung zuläßt - erst um 1907/08, ausgelöst durch eine Reihe von Aufklärungsartikeln über Filmtricks.17 [...] Doch eine wirkliche Debatte beginnt offenbar erst, als die Blütezeit der re-enactments vorüber ist und echte dokumentarische Aufnahmen auf die Leinwand gebracht werden.

[Seite 54]

Aktualitäten im Film

In diesem Zusammenhang sollen auch die >aktualitätenbezogenen Fiktionsfilme< nicht unerwähnt bleiben, z.B. ATTACK ON A CHINA MISSION (James Williamson, 1900) über den Boxeraufstand, EPISODES RÉLATIFS À LA GUERRE DU TRANSVAAL (Pathe, 1899/1900) zum Burenkrieg oder LES TROUBLES DE SAINT PÈTERSBOURG (Lucien Nonguet, 1905) über die erste russische Revolution. Sie nehmen ein in der Öffentlichkeit viel diskutiertes Ereignis zum Anlaß, doch sind die gezeigten Szenen in der Regel als historische Fakten nicht verifizierbar. Im Gegensatz zur Detailtreue vieler (nach-)gestellter Aktualitäten entsprechen die hier verwendeten Kostüme, Bauten und Handlung vielfach den Vorstellungen des Publikums, d.h. den tradierten Gemeinplätzen von Land, Leuten und Geschehen. Diese Filme wollen keinen punktuellen sondern einen allgemeinen Eindruck veranschaulichen, eine herrschende Stimmung bestätigen, manchmal auch eine ideologische Botschaft verkünden.

Auch finden sich damals bereits die Vorläufer der Features, d.h. zu einem bestimmten Anlaß hergestellte, den Hintergrund des Ereignisses beleuchtende Aufnahmen. Georges Melies verfilmt im Herbst 1899 die Vorgeschichte des Dreyfus-Prozesses in Rennes und beendet seine >Dokumentation< mit inszenierten Aufnahmen von Dreyfus vor dem Kriegsgericht und auf dem Weg ins Gefängnis.

[Seite 61]

Den Kampf der Filmindustrie um Nachrichtenmarktanteile unterstützen die Fachblätter, indem sie Zeitung und Aktualitätenfilm miteinander vergleichen:


10 Zum Thema (nach-)gestellte Aktualitäten vgl. auch Raymond Fielding, The American Newsreel, 1911-1967, University of Oklahoma Press, Norman (Oklahoma) 1972, S. 27, der vier Arten unterscheidet: theaterhafte Reproduktion bekannter Ereignisse ohne Täuschungsabsicht; realistisch inszenierte, Originaldetails respektierende Reproduktion mit Täuschungsabsicht; oberflächlich (d.h. ohne Rücksicht auf bekannte Details) inszenierte Reproduktion mit Täuschungsabsicht; Produktion nicht nachprüfbarer, angeblich mit dem Ereignis verbundener Szenen in Täuschungsabsicht.

16 Daily Telegraph, zitiert nach Richard/Deslandes (wie Anm. 13), S. 456.

17 Vgl. hierzu Sabine Lenk, Théâtre contre cinéma. Die Diskussion um Kino und Theater vor dem Ersten Weltkrieg in Frankreich, MAkS Publikationen, Münster 1989, S. 190ff und Roland Cosandey, »Cinéma 1908, films à trucs et Film d’art: une campagne de L ’Illustration«, Cinémathèque, Nr. 3, Frühling/Sommer 1993, S. 58-71.

Anmerkungen

Art und Umfang der Übernahmen bleiben ungekennzeichnet.

Sichter
(Graf Isolan) Schumann



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